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Eher ein Vertreter der harten Schule: Wenn Constantin Braun Interviews gab, dann waren seine Sprüche markig.

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Kommentar zu Constantin Braun: Der große Schritt

Der 25-jährige Eisbären-Verteidiger Constantin Braun leidet unter einer Depression und gab bekannt, dass er sich vorerst eine Pause nimmt. Ob der Nationalspieler seine Karriere fortsetzen kann, ist noch nicht klar. Ein Kommentar.

Harte Schale, weicher Kern? So einfach ist es im Falle von Constantin Braun womöglich nicht. Auch ist es nicht neu, dass ein Profisportler öffentlich macht, dass er unter Depressionen leidet und daher seinen Sport vorerst nicht mehr betreiben kann. Prominente Fußballprofis wie Sebastian Deisler haben das vor dem Eishockeyprofi aus Berlin durchlitten oder sind daran zerbrochen, wie Nationaltorwart Robert Enke, der sich das Leben nahm. Der Schritt von Braun ist so mutig wie richtig. Und er zeigt, dass ein Profisport wie Eishockey, so hart es dort auch auf dem Eis zugehen mag, eben auch nur ein normaler Teil der Arbeitswelt ist. Hineinschauen kann man in keinen Sportler, so hart er sich auch geben mag.

Constantin Braun war eher ein Vertreter der harten Schule. Auf dem Eis sowieso. Und wenn er Interviews gab, dann waren seine Sprüche markig. Aber offensichtlich kam der Kopf nicht immer mit. Profi-Eishockey ist ein Geschäft, ein harter Sport, ein Sport mit erlaubtem Körperkontakt, ein Sport, in dem nur der richtig gut wird, der Stärke und Präsenz zeigen kann. Das konnte Braun, und er konnte seine Erkrankung lange verstecken – bis jetzt. Die Fassade ist gefallen und das macht den Menschen Braun plötzlich greifbar. Vielleicht spielt er sogar im richtigen Verein, denn die Eisbären haben sich im Umgang mit ihrem Personal oft sehr sensibel gezeigt. Manager Peter John Lee legt Wert darauf, dass sich in seinem Klub alle wohlfühlen. Schließlich sei er nicht nur Manager von Eishockeyspielern, sondern von Menschen, die Eishockey spielen würden. Es spricht für den Verein, dass er keine Prognosen über den Zeitpunkt einer möglichen Rückkehr des Verteidigers aufs Eis abgeben will.

Es gab wenige Sportler, die nach ihrer Behandlung ein Comeback gewagt haben. Etwa Fußballprofi Jan Simak oder Skiläuferin Lindsey Vonn. Simak scheiterte, Vonn bisher nicht. Aber daraus lässt sich für den Fall Braun nichts ableiten. Jede Depression verläuft anders, vom Krankheitsbild bei dem Eishockeyprofi ist nichts bekannt. Und das ist auch gut so, schließlich ist die Behandlung seine Privatsache. Genauso gut ist, dass Braun sich geöffnet hat und behandeln lässt. Es gab auch schon Spieler, die vor Braun wegen psychischer Erkrankungen ihre Karriere früh beenden mussten – so öffentlich wie Braun hat aber keiner darüber gesprochen.

Ob Constantin Braun damit im allgemeinen Bewusstsein des Eishockeys etwas ändert? Wohl kaum, denn Profisport ist ein Konkurrenzgeschäft, der Arbeitsnachweis ist transparenter als in fast jedem anderen Job und der damit einhergehende öffentliche Druck groß. Das ist laut Stand der Forschung aber noch kein Grund oder Auslöser für eine Depression. Es ist nicht bekannt, dass Sportler mehr unter der Krankheit leiden als andere. Druck hat fast jeder Mensch in seinem Leben. Und es lässt sich für Trainer wohl nur schwer erkennen, ob einer ihrer Spieler unter Depressionen leidet – wenn das in vielen Fällen schon ein Hausarzt nicht kann.

Vielleicht verliert Constantin Braun seine Karriere als Profi und gewinnt dafür sein Leben als Mensch. Damit hätte er dann mehr gewonnen, als er auf dem Eis gewinnen kann.

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