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Die Enttäuschung ist Sabine Lisicki nach der Niederlage im Wimbledon-Finale ins Gesicht geschrieben.

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Kommentar zum Wimbledon-Finale: Sabine Lisicki: Verloren und doch gewonnen

Schon während des Spiels konnte Sabine Lisicki die Tränen nicht mehr zurückhalten. Doch unser Autor findet, dass die Niederlage im Wimbledon-Finale kein Grund ist, nun dauerhaft in Traurigkeit zu versinken.

Niederlagen sind ein fester Bestandteil des Sports, oft zieht er daraus überhaupt erst seine besondere Faszination. Bei Sabine Lisicki deutete sich im Finale von Wimbledon schon früh an, dass es nicht ihr Tag werden würde. Mitte des zweiten Satzes rannen ihr die Tränen über die Wangen, die Deutsche brauchte Aufmunterung vom Publikum. Doch auch wenn es für Lisicki dieses Mal noch nicht reichte, so ist ihr in den vergangenen zwei Wochen etwas gelungen, was es im deutschen Tennis schon lange nicht mehr gegeben hat. Sabine Lisicki hat ihren Sport wieder ins Rampenlicht zurückgebracht, nach ihrem Halbfinaleinzug sogar eine kleine Euphorie ausgelöst. Plötzlich wurde wieder über Tennis geredet. Über ihren großen Sieg im Achtelfinale gegen die vermeintlich unschlagbare Serena Williams, über ein cooles Viertelfinale nur ein Tag später gegen Kaia Kanepi und den Halbfinalkrimi, den sich Lisicki mit der Polin Agnieszka Radwanska lieferte.

Tennis ist ein spektakulärer Sport, er liefert große Geschichten und produziert noch größere Helden. Gerade in Deutschland, wo Sportarten außerhalb des Fußballs nur über eine Art Personenkult funktionieren. So war das einst bei Boris Becker und Steffi Graf, später auch bei Jan Ullrich oder Michael Schumacher. Für Sabine Lisicki möchte man hoffen, dass ihr Ähnliches erspart bleibt, dass sie sich weiter auf ihren Sport konzentriert und sich nicht auch außerhalb des Platzes überwältigen lässt von Dingen, die sie nicht beeinflussen kann.

Und es würde auch dem deutschen Tennis gut zu Gesicht stehen, jetzt nicht wieder in alten Größenwahn zu verfallen, sondern den kleinen Boom seriös auszunutzen. Das bedeutet vor allem Arbeit an der Basis. Viele Klubs klagen darüber, dass ihnen die Mitglieder weglaufen, dass sie kaum noch Jugendliche für ihren Sport begeistern können. Wenn Sabine Lisickis Leistung in Wimbledon dazu führt, dass Tennis für alle Altersgruppen wieder attraktiver wird, dann wäre dem Sport schon geholfen.

Dazu gehört auch, dass ein großes Tennisendspiel mit deutscher Beteiligung hierzulande nicht unter Ausschluss einer breiten Fernsehöffentlichkeit stattfinden darf. Die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten sind in der Pflicht, auch jenseits des Fußballs umfassend über große Sportereignisse zu berichten. Und ganz so überraschend kam Lisickis Finaleinzug dann auch nicht. Im dritten Jahr in Folge stand eine deutsche Tennisspielerin mindestens im Halbfinale des wichtigsten Turniers der Welt. Auch durch die Arbeit von Bundestrainerin Barbara Rittner hat sich in Deutschland im Frauentennis zuletzt einiges zum Guten bewegt. Das trägt Früchte, auch wenn beispielsweise Lisicki den Weg in die Weltspitze nahezu im Alleingang bewältigt hat.

Am Ende sind es deshalb nicht die Tränen der Finalverliererin, die hängen bleiben sollten von diesem Wimbledon-Turnier. Vielmehr hat Sabine Lisicki mit ihren Erfolgen in den vergangenen zwei Wochen gezeigt, dass Tennis in Deutschland wieder eine Perspektive hat. Und diesen Erfolg kann ihr niemand nehmen.

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