zum Hauptinhalt
Daumen runter für Xabi Alonso? Im Fußball kann es für Trainer schnell sehr einsam werden.

© Imago/ZUMA Press Wire

Königliche Nervenprobe: Xabi Alonso wird bei Real Madrid immer einsamer

Vor dem Duell mit Manchester City wankt Real Madrid. Für Trainer Xabi Alonso steht mehr auf dem Spiel als nur ein Sieg in der Champions League.

Stand:

Ob er sich einsam fühle, wurde Xabi Alonso am Dienstag gefragt. Er verneinte. Trotz des Wirbels und der Wut der vergangenen Tage sei seine Mannschaft vereint und fokussiert auf das Spiel in der Champions League gegen Manchester City am Mittwoch (21 Uhr, Dazn), sagte der Trainer von Real Madrid: „In unseren Köpfen haben wir nur City. Im Fußball kann sich alles schnell ändern – zum Guten und zum Schlechten.“

Das hat Alonso in den letzten Wochen deutlich zu spüren bekommen. Vor einer Woche feierte seine Mannschaft noch einen famosen Sieg gegen Athletic Bilbao, und damit das vermeintliche Ende einer langen Novemberkrise. Mit der 0:2-Heimniederlage gegen Celta Vigo meldete sich die Misere aber am Sonntag mächtig zurück. Und plötzlich wirkte Alonso wieder ziemlich einsam: ohne Hoffnung, und vielleicht sogar ohne Zukunft.

Von einem „Multiorganversagen“ schrieb die Sportzeitung „Diario AS“ diese Woche. Und tatsächlich scheint beim sonst so gebieterischen spanischen Rekordmeister gerade so ziemlich alles zusammenzubrechen. Am Sonntag verloren die Madrilenen gegen einen schwächeren Gegner nicht nur das Spiel, sondern gegen Ende hin auch komplett den Kopf.

Sinnbildlich dafür war ein Moment in der Nachspielzeit, als Alvaro Carreras schon als zweiter Real-Spieler die Rote Karte sah und seine entsetzten Teamkollegen mit dem Schiedsrichter diskutierten. Der Brasilianer Rodrygo zeigte dabei zunächst auf den Rasen des Estadio Bernabeu und dann auf das Wappen auf seiner Brust. „Schau mal, wo du bist. Da musst du mehr Respekt zeigen“, brüllte er dabei ins Gesicht des Unparteiischen, wie die Lippenleser des Senders „Movistar+“ später feststellten.

Dabei ist jene Gottesfurcht, die Real Madrid von allen Subjekten verlangt und oft auch bekommt, aktuell ein rares Gut. Wo die Königlichen früher allmächtig und angsteinflößend erschienen, wirkten sie jetzt oft sterblich und anfällig. Das zeigt sich auch in der Tabelle, wo Alonsos Mannschaft trotz eines Sieges im Clásico schon vier Punkte Rückstand auf den Erzrivalen FC Barcelona hat.

5
Abwehrspieler fehlen Real aktuell verletzt

Dafür werden Verantwortliche gesucht. Und neben den Schiedsrichtern, die in Madrid eigentlich immer als Hauptschuldige gelten, landet man da schnell auch beim Trainer. Die einstige Spielerlegende Alonso, dessen Rückkehr als Trainer im Sommer als Beginn einer neuen Ära gefeiert wurde, steht nun auf dünnem Eis.

Die Vorwürfe gegen den früheren Meistertrainer von Bayer Leverkusen sind klar. Alonsos Versuch, das Real-Spiel nach seinem Geschmack mit hohem Pressing und schneller Balleroberung umzugestalten, ist bislang nicht bei den Spielern angekommen. Superstars wie Kylian Mbappé und Vinicius Junior fühlen sich in ihrer Freiheit beschränkt. Gerade zum Brasilianer ist das Verhältnis seit Monaten angespannt.

Dauerfehde mit Vinicius jr.

Da hat es Alonso nicht gerade geholfen, dass er gleichzeitig mit einer ständigen Flut an Ausfällen zu kämpfen hat. Nach der Verletzung von Eder Militao am Sonntag ist aktuell fast die gesamte Abwehr außer Betrieb. Dafür kann der Trainer wenig, und auch seine größten Kritiker erkennen an, dass Alonso nicht an allem schuld ist.

Doch Maß und Geduld sind nicht gerade die Stärken des Madrider Fußballzirkus, und so wird es langsam eng für den Cheftrainer. Für viele hat er die Kabine schon verloren, und für viele reicht das auch. „Xabi Alonso ist ein Verurteilter“, schrieb „Marca“ am Dienstag. In den Klatschspalten und Fernseh-Talkshows wird schon eifrig über mögliche Nachfolger spekuliert.

Alonso nimmt das alles mit seiner üblichen Abgeklärtheit an. „Als Trainer von Real Madrid ist man auf solche Situationen vorbereitet“, sagte er am Dienstag. Bei der Frage, ob er die Kabine noch hinter sich glaubte, gab es ein entschlossenes, steiniges: „Ja“.

Gleichzeitig weiß der Baske, dass er vor dem Spiel gegen City womöglich an einem Scheideweg steht. Die Champions League ist immer noch der Wettbewerb, über den Real sich definiert. Hier haben zuletzt nicht wenige Madrider Trainer ihre Rettung gesucht. Für Alonso könnte dieses Spiel entscheidend sein.

Das aktuelle, schwierige Kapital begann ja mit einer Champions-League-Niederlage gegen Liverpool. Und so oder so könnte es nun gegen City zu einem Ende kommen. Mit einem Sieg würde Real einen weiteren Schritt Richtung Achtelfinale machen und alles wieder beruhigen. Eine Niederlage könnte für Alonso aber schwere Folgen haben.

Wie er selbst auch sagt: im Fußball kann manchmal alles ganz schnell drehen. Zum Guten, oder eben auch zum Schlechten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })