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Sport: Kontrollfreak unter Druck

Thunders Spielmacher Lang Campbell muss sich gegen Amsterdam beweisen

Berlin - Lang Campbell mag die Kontrolle – über sich selbst und auch über andere. Deshalb ist er Spielmacher beim Football geworden. „Die Kontrolle ist das, was mich an der Position des Quarterbacks reizt“, sagt der Spielmacher von Berlin Thunder. Doch die kann man auch schnell verlieren. Wenn man zum Beispiel eine starke Verteidigung gegen sich hat, wie vor kurzem bei den Hamburg Sea Devils oder daheim gegen Rhein Fire Düsseldorf. Da war der Druck auf den 24-Jährigen so hoch und die Abwehr so dicht, dass er sein Spiel nicht durchsetzen konnte. In Hamburg vor einer Woche reichte es für ein Unentschieden, doch gegen Düsseldorf gingen die Berliner 0:22 unter. Eine Blamage auch für den Quarterback. Schließlich ist die Saison für ihn – genauso wie für jeden anderen Spieler in der NFL Europe – die große Bewährungsprobe und Empfehlung für die NFL in den USA. Die Teams schicken ihre Scouts zu Spielen, auch zu dem heutigen im Olympiastadion zwischen Thunder und den Amsterdam Admirals (Kickoff 18 Uhr).

„Niemand sieht die NFL Europe wirklich als letzte Chance“ sagt Campbell. Er sieht seinen Einsatz auch nicht als Degradierung, er fühlt sich einfach noch nicht fit genug für die NFL, deshalb sei er hier. „Die NFL Europe ist nun mal der beste Football, den ich derzeit spielen kann.“ Jeder möchte als großer Star in die NFL, auch Campbell, aber er weiß auch, wie groß die Konkurrenz ist. „Wenn du all die Kids an den Colleges siehst, dann spricht schon die Statistik gegen dich, in die NFL zu kommen.“ Auf seiner Position, der herausragenden im Football, ist es doppelt schwer. Deshalb ist er froh über seine Chance, sich in Europa für die US-Teams zu empfehlen.

Campbell wurde von den Cleveland Browns nach Berlin geschickt, obwohl sie ihn eigentlich schon aus dem Team geworfen haben. „Wenn du von einem kleinen College kommst und dich in deinem NFL-Team nicht durchsetzen konntest, dann sind Jake Delhomme und Kurt Warner Beispiele dafür, dass du es schaffen kannst“, sagt Campbell. Die beiden Quarterbacks stehen dafür, wie man über den Umweg Europa zum Superstar in den USA werden kann.

Doch vor diesem Aufstieg stehen diverse Schwierigkeiten. Das Hauptproblem ist die mangelnde Eingespieltheit in der Europaliga. „Es ist unheimlich schwer, die neuen Leute und ihre Geschwindigkeit richtig einzuschätzen“, sagt Campbell. Außerdem hat jedes Team eine eigene Terminologie für die Spielzüge, die es wie Vokabeln zu erlernen gilt. „Du musst mit jedem Teamwechsel umprogrammieren“, sagt Campbell. Immerhin spielt Coach Rick Lantz das gleiche System wie Campbells College William & Mary. Das ist zwar nicht gerade für viele herausragende Footballspieler berühmt geworden, dafür ist es das zweitälteste College der USA. Dort hat Campbell seinen Abschluss in Geschichte und Wirtschaft gemacht.

In diesen Gebieten sieht er auch seine Zukunft, wenn es mit Football nicht klappt. „Dann gehe ich eben auf eine Juristenschule“, erklärt Campbell. „Für mich ist Football vor allem Spaß.“ Doch noch hofft er, nicht mit dieser Entscheidung konfrontiert zu werden. Selbst wenn es bisher nicht optimal in Berlin läuft. „Ich kann mehr Druck auf mich legen als jeder von außen“, sagt Campbell. „Ich genieße den Druck und die Vorteile, die die Position mit sich bringt.“ Alle Augen sind auf seine Leistung gerichtet. Gegen Amsterdam muss die heute ziemlich gut sein, wenn Thunder die Saison nicht schon nach vier Spielen abschreiben will.

Ingo Wolff

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