zum Hauptinhalt
Unter Beobachtung: Herthas Christian Lell und seine Chefs Michael Skibbe und Michael Preetz.

© dapd

Krach und Angst: Bei Hertha kippt die Stimmung

Nicht nur sportlich droht Hertha BSC nach zuletzt acht sieglosen Bundesligaspielen eine unruhige Rückrunde - jetzt soll es auch noch Krach in der Kabine gegeben haben.

Es ist im Moment nicht besonders spaßig, was Hertha BSC über sich in den diversen Berliner Zeitungen lesen muss. Am Mittwoch erschreckte „Bild“ das Publikum mit der fetten roten Schlagzeile „Kabinenkrach“ und berichtete über ein heftiges Wortgefecht zwischen Trainer Michael Skibbe und Vizekapitän Christian Lell am Tag nach der Niederlage gegen den Hamburger SV. „Sei froh, dass du die fünfte Gelbe Karte gesehen hast“, soll Skibbe gesagt haben. „Du hättest sowieso nicht gespielt.“

Es ist eine Diktion, die man sich bei Herthas Trainer schwer vorstellen kann - und die Skibbe auch bestreitet. Es sei doch ganz normal, dass man als Trainer nach zwei Niederlagen Kritik übe, dass man bestimmte Spieler auch persönlich anspreche, aber das Zitat, das ihm zugeschrieben wurde, „das ist inhaltlich verfälscht“, sagt Skibbe. Noch schlimmer findet er es, dass überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt ist, was in den eigenen vier Wänden gesprochen wurde: „Das ist schon enttäuschend.“ Auch Manager Michael Preetz war davon nicht sonderlich erbaut. „Wo kommen wir denn hin, wenn der Trainer die Mannschaft, intern in der Kabine, nicht mehr kritisieren darf?“, fragt er.

Allein die Andeutung, dass es im Verhältnis zwischen Mannschaft und dem neuen Trainer bereits nach wenigen Wochen zu knirschen beginnt, passt dem Berliner Fußball-Bundesligisten gerade überhaupt nicht ins Konzept. Hertha hat auch so schon genügend Sorgen. Am Wochenende hat sich die Situation für den Aufsteiger noch einmal zugespitzt. Die Stimmung unter den Fans ist nach der zweiten Niederlage im zweiten Rückrundenspiel deutlich abgekühlt. Manager Preetz verweist zwar darauf, dass Hertha von der Saison nie etwas anderes erwartet habe als den Kampf gegen den Abstieg. Doch so akut wie zurzeit war die Sorge noch nie. Auch Herthas Vorgeschichte spielt dabei eine Rolle. „Man merkt im Verein und in der ganzen Stadt, dass niemand Bock hat auf ein Déjà-vu von vor zwei Jahren“, sagt Mittelfeldspieler Peter Niemeyer. Der Abstieg vor zwei Jahren mit seinen blamablen Begleitumständen hat das Umfeld für alle Anzeichen einer Krise besonders sensibilisiert.

Hertha konnte den Ausfall von Raffael bisher nicht kompensieren

Dabei steht Hertha auf den ersten Blick im Vergleich zur Abstiegssaison geradezu blendend da. Die Mannschaft hat bereits 20 Punkte gesammelt, vor zwei Jahren waren es nach dem 19. Spieltag für den abgeschlagenen Tabellenletzten gerade die Hälfte. Aber es gibt einige Parameter, die dafür sprechen, dass die Lage für die Berliner längst ernst ist. Seit acht Spielen haben sie in der Bundesliga nicht mehr gewonnen, gar neun Mal sind sie schon nicht mehr ohne Gegentor geblieben, und ausgerechnet in dieser Situation muss Trainer Skibbe gegen Hannover drei gesperrte oder verletzte Abwehrspieler (Christian Lell, Andre Mijatovic und Christoph Janker) ersetzen, dazu fehlt auch der gesperrte Spielmacher Raffael ein weiteres Mal. Dessen Ausfall konnte die Mannschaft bisher nicht kompensieren. Sollten die Berliner am Samstag erneut verlieren, könnten sie zum ersten Mal in dieser Saison sogar auf einen Abstiegsplatz stürzen.

„Es geht jetzt darum, Spieler zu haben, die dieser Situation mental gewachsen sind“, sagt Skibbe. „Danach werde ich suchen, und die werde ich auch finden.“ In der Hinrunde war die Mannschaft immer in der Lage, auf Rückschläge mit einer deutlichen Leistungssteigerung zu reagieren, so dass sie nie in Abstiegsgefahr geriet. Dem ernüchternden 0:1 gegen Nürnberg am ersten Spieltag zum Beispiel folgte eine Serie von fünf Spielen ohne Niederlage mit acht Punkten inklusive Siegen gegen Stuttgart und Meister Dortmund.

Doch von zwischenzeitlich sieben Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz sind nur noch zwei geblieben. Die Hoffnung, dass der Trainerwechsel von Markus Babbel zu Michael Skibbe zu neuem Schwung führt, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil. Unter Skibbe hat die Mannschaft zum ersten Mal in dieser Saison zwei Spiele hintereinander verloren. Hinzu kommt, dass kein Bundesligist eine schlechtere Heimbilanz hat als Hertha. Dabei sind gerade Spiele vor eigenem Publikum ein Schlüssel für den Klassenerhalt. Herthas nächste Gegner im Olympiastadion heißen: Hannover, Dortmund, Bremen und Bayern. In der aktuellen Tabelle sind das der Siebte, der Zweite, der Fünfte und der Spitzenreiter der Bundesliga.

Zur Startseite