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Sport: Kritik an der Personalpolitik von Präsident Bertram

Vom "Kiez-Klub" zum "bundesweit anerkannten Fußballverein" - eine steinige Mission, auf der sich Heiner Bertram, Präsident des Regionalligameisters 1. FC Union, derzeit mit seinem Verein befindet.

Vom "Kiez-Klub" zum "bundesweit anerkannten Fußballverein" - eine steinige Mission, auf der sich Heiner Bertram, Präsident des Regionalligameisters 1. FC Union, derzeit mit seinem Verein befindet. Wenige Tage vor dem ersten Aufstiegsspiel in die Zweite Bundesliga gegen den VfL Osnabrück (Sonntag, 15 Uhr, Alte Försterei) rumort es an der Köpenicker Basis nämlich gewaltig. Vorwurf von Teilen der Anhängerschaft an die Vereinsführung ist, dass man sich bei Union längst von alten Idealen verabschiedet hat. Geht es nach den treuen Fans, dann hat an der Wuhlheide das "Modell Tennis Borussia" Einzug gehalten. So wurde in der vergangenen Woche auf einem Fan-Treffen mit dem Präsidenten die große Spielerfluktuation in Köpenick - rund 50 Akteure hatte Union in den letzten drei Jahren unter Vertrag - heftig kritisiert, zudem der Umstand, dass Bertram von seinem einst angekündigten Vorhaben, vor allem mit jungen Spielern aus der Region zu arbeiten, abgerückt ist.

Vor allem der Fall Jens Härtel liegt den Anhängern schwer im Magen. Mit dem Liebling der Fans erzielte die Union-Führung keine Einigung über einen neuen Vertrag, Härtel wechselt nach der Saison zu Sachsen Leipzig. "Aus familiären Gründen", heißt es in der offiziellen Note. Der Protagonist selbst hat eine andere Version parat. "Natürlich konzentriere ich mich jetzt nur auf die Spiele gegen Osnabrück", sagt Härtel, "der Aufstieg ist mir eine Herzensangelegenheit. Da will ich noch einmal mit den Fans feiern, und dann stehe ich am 1. Juli in Leipzig auf der Matte." Nicht nur guten Mutes, denn daraus, dass er nicht gerne geht, macht Härtel keinen Hehl. "Das ist alles sehr unangenehm, ich hatte mir das anders vorgestellt", sagt er, "aber die Geschichte hat schon genug Wellen geschlagen."

"Hier wird keiner weggemobbt", meint Bertram unterdessen. Bei Unions Anhängern stoßen diese Worte nicht auf ungeteilte Freude. Bei besagtem Fan-Treffen wurde hitzig diskutiert, auch von Seiten des Präsidenten. "Da ging es um unselige Plakate, die beim letzten Heimspiel aufgehängt wurden", erzählt Bertram. "Wenn ihr das nicht lasst, dann könnt ihr mit mir nicht mehr arbeiten", habe er den Fans gesagt. Auf dem Weg zum "bundesweit anerkannten Fußballverein" kann man es nun mal nicht jedem recht machen. Die Mechanismen des Profigeschäftes ließen sich nicht umgehen, wenn man Erfolg haben wolle. "Das ist doch ein Spagat, den ich hier machen muss." An erster Stelle stehe nun mal der Mäzen des Vereins, die "Sportwelt" und Michael Kölmel, ohne dessen Engagement im Jahre 1998 es den 1. FC Union vielleicht gar nicht mehr gäbe. "Ich bin Herrn Kölmel gegenüber verpflichtet, der hat uns viel Geld in die Hand gedrückt. Dann muss ich die sportlichen Wünsche des Trainers erfüllen. Und den interessiert nicht, ob ein Spieler Türke, Bulgare oder Deutscher ist."

Auf der anderen Seite wolle er, nicht zuletzt auch wegen der Fans, "den Anteil der deutschen Spieler erhöhen." Trotzdem, dass Diskussionen um Personalien - wie im Fall Härtel geschehen - in der Öffentlichkeit geführt werden, belaste ihn. In der kommenden Saison will Bertram daher einen Manager an seine Seite holen: "Sonst leidet meine Position zu sehr, jetzt muss ich als Präsident immer die Rübe hinhalten."

Angesichts des sportlichen Erfolges kränke und verletze ihn die massive Kritik der Anhängerschaft, sagt Bertram. "Bei den Kiez-Fans, die nicht weiterdenken, ist es schwierig, Überzeugungsarbeit zu leisten". Bertram verweist auf das Beispiel TSV 1860 München, dort habe man nach dem steilen Aufstieg in den neunziger Jahren und dem damit verbundenen Umzug in das Münchner Olympiastadion auch mit Rügen der Anhänger leben müssen: "Die konnten auch nicht mehr auf ihre treuen 8000 Fans Rücksicht nehmen", ruft Bertram in Erinnerung. Der harte Kern der Anhängerschaft ist in Köpenick freilich wesentlich kleiner - wird sich vermutlich im Falle des Aufstiegs in die Zweite Bundesliga dafür nicht so schnell beruhigen. Denn da ist laut Aussage des Präsidenten mit weiteren Innovationen in der Wuhlheide zu rechnen. "Ich weiß nicht, wie ich das den Fans deutlich machen soll, wenn wir den Aufstieg geschafft haben", sagt Heiner Bertram und wittert ein "ganz großes Problem." In der Zweiten Bundesliga nämlich, da will der Präsident des 1. FC Union die Entwicklung von einem "reinen Ostverein" zu einer "Gesamtberliner Geschichte" vorantreiben.

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