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Sport: Künstlerisch wertvoll

Bremen deklassiert Bochum, warnt aber vor dem Spiel gegen Sofia vor Überheblichkeit

Den schwierigsten Teil ihres Arbeitspensums nahmen die Fußballprofis von Werder Bremen unmittelbar nach Spielende in Angriff. Torsten Frings rief seine Kollegen noch auf dem Rasen des Bochumer Stadions zu einer kleinen Konferenz zusammen. Nach der Auswechslung Frank Baumanns mit dem Kapitänsamt bedacht, erläuterte er, wie das 6:0 über den VfL Bochum einzuordnen sei. „Das war ein schöner Tageserfolg, aber nur ein kleiner Schritt auf dem Weg zur Meisterschaft.“ Jeder müsse sich darüber im Klaren sein, „dass so eine Leistung für die Champions League nicht gereicht hätte“, sagte Frings. „Wenn wir am Mittwoch gegen Lewski Sofia verlieren, sind wir die Lachnummer der Nation.“

Die Bremer hatten ihren Gegner beherrscht, wie es selbst bei Pokalspielen auf dem Dorf nicht immer gelingt. In der Leichtigkeit des Seins lag die einzige Schwierigkeit, die Werder zu bewältigen hatte. Mit Teilen der ersten Halbzeit könne er nicht zufrieden sein, sagte Trainer Thomas Schaaf. Nach dem zeitigen Führungstor von Aaron Hunt in der 7. Minute habe seine Elf ihr Handeln zu stark darauf ausgerichtet, den Vorsprung zu verwalten. Weil alles so einfach ging, „haben wir viele Angriffe einfach verpuffen lassen“, sagte Frings. So konnten die Hanseaten erst nach einer Stunde die Pflicht beenden und den Sieg in einer fulminanten Kür auch künstlerisch anspruchsvoll gestalten. Nach dem 2:0 von Christian Schulz „konnten wir machen, was wir wollten“, sagte Frings.

Alles, was noch kam, ging den Bremern vom Fuß wie von selbst. Vranjes und Diego verdoppelten den Vorsprung zwischen Minute 76 und 77. Um sich nicht zu langweilen, gingen die ohnehin offensiv eingestellten Abwehrkräfte auch mit nach vorn, als die Begegnung längst entschieden war. Außenverteidiger Clemens Fritz leistete seinen Torbeitrag nach der Devise: Gelegenheit macht Schützen. „Ich stand da so an der Außenlinie und habe zugesehen, wie Diego den Ball führte, also dachte ich mir, ich könnte auch noch mal mit aufrücken“, sagte er. Und schon hatte er die Kugel am Fuß und wuchtete sie so ins Bochumer Tor, wie er es sich unterwegs ausgemalt hatte. Naldo setzte den Schlusspunkt.

Im zweiten Durchgang zelebrierten die Bremer ihren Angriffsfußball auf mitreißende Art, so wie es sonst nicht einmal im Training möglich ist – weil dort eine B-Mannschaft auf dem Platz steht, die mehr entgegenzusetzen hat als am Samstag der VfL, der nur die Karikatur einer Bundesligamannschaft abgab. Die ersten Minuten nach der Pause ausgenommen, wirkten die Bochumer jederzeit wie Statisten, die bei der Produktion eines Lehrfilms nicht stören wollten. Mag der Gegner auch noch so hilflos gewesen sein – Trainer Thomas Schaaf durfte sich in seiner bewährten und diesmal begeisternden Interpretation des Fußballs bestätigt sehen. Auch an weniger guten Tagen habe er nie erwogen, von seiner Spielweise abzurücken, obwohl die Kritik „schon ganz schön laut war“, wie er fand.

Lauter werden in Bochum allmählich die Rufe nach der Demission des Trainers. Eine Strategie für die Zukunft schien Marcel Koller kurz nach dem Spiel nicht zu haben. Wie ein Wahlverlierer flüchtete der Schweizer sich in Allgemeinplätze. Er müsse „diese Klatsche analysieren und dann weitergucken“. Seine vorrangige Aufgabe sehe er darin, das 0:6 rechtzeitig vor der nächsten Auswärtspartie gegen Dortmund „aus dem Speicher zu löschen“. Ob die Mannschaft sich neu starten lässt wie ein abgestürzter Computer, erscheint zweifelhaft. Der Vorstand scheint aber geneigt, dem Systemadministrator die Chance zu geben, die Fußballprogramme wieder in Gang zu setzen. „Wenn es nach mir geht, sitzt Koller am Freitag in Dortmund auf der Trainerbank“, sagte Geschäftsführer Ansgar Schwenken. Jetzt müssen nur noch die Spieler überzeugt werden. Gegen Bremen schien es so, als hätten sie keine einzige Minute an sich geglaubt.

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