zum Hauptinhalt

Sport: Küss mich nicht!

Jacco Verhaeren stoppte mitten im Satz. Eigentlich hätte er gerne noch genauer berichtet, wie populär Schwimmen in Holland ist.

Jacco Verhaeren stoppte mitten im Satz. Eigentlich hätte er gerne noch genauer berichtet, wie populär Schwimmen in Holland ist. Aber da war plötzlich diese blonde, junge Frau. Sie drückte ihm einen Kuss auf die rechte Wange, zog ihn zu sich und redete ihn auf holländisch nieder. Verhaeren lachte. Ein paar Meter weiter beobachtete Pieter van den Hoogenband die Szene. Er lachte nicht. Stattdessen zog er sich im Foyer eines Berliner Nobel-Hotels noch weiter zurück. Verhaeren ist sein Trainer, wenn sie den herzen, kein Problem. Aber er selbst braucht das nicht mehr, die Umarmungen und die Küsse auf die Wangen und diese ganzen Bilder in den Zeitungen. "Ich bin kein Model, ich bin Schwimmer", sagt er.

Aber natürlich kann er sich nicht wirklich entziehen. Der 23-Jährige ist im Moment einer der populärsten Sportler in Holland, er hat mit Inge de Bruijn Schwimmen wieder zur hochangesehenen Sportart gemacht. Seit den Olympischen Spielen 2000 ist das so. Da schlug er im Finale über 100 Meter Freistil den großen Alexander Popow aus Russland und über 200 Meter den australischen Nationalhelden Ian Thorpe. "Jetzt ist Pieter so populär wie die Eisschnellläufer", sagt Verhaeren. Vor kurzem veröffentlichte eine Zeitung die Rangliste der populärsten Sportarten in Holland. "Da lag Schwimmen an Nummer eins", sagt Verhaeren.

Eigentlich lagen ja nur van den Hoogenband und Doppel-Olympiasiegerin de Bruijn auf Rang eins. Hinter ihnen klafft eine riesige Lücke. Aber die beiden genügen ja erst mal. Und sie bilden, mit zwei weiteren Athleten, einen exklusiven Zirkel im Schwimmbad von Eindhoven. Ein Profiteam, gegründet im Frühjahr 2001. "Wir wollten noch intensiver trainieren", sagt van den Hoogenband. Zuvor trainierte er in einer neunköpfigen Gruppe. Und Geld spielt natürlich keine Rolle. Seit Sydney 2000 ist van den Hoogenband eine Werbefigur. Ein Elektronikkonzern sponsert das Schwimm-Team mit rund drei Millionen Euro bis 2004.

"Geld interessiert mich nicht", sagt van den Hoogenband. Nun ja, nicht vordringlich. Ihn interessiert mehr, wie man die anderen Szenen-Größen schlagen kann, die aus den USA und aus Australien. Thorpe hat ihn auch schon abgehängt wie einen Anfänger. Und gestern beim Weltcup wurde der 23-Jährige über 100 Meter Freistil nur Vierter. Leistungskonzentration, sagt der Holländer, ist das Schlüsselwort. Höchste Trainingsqualität durch brutale interne Konkurrenz. "Wir sollten die besten Europäer in einer Trainingsgruppe zusammenziehen", sagt er.

Die besten Europäer? Da hätte van den Hoogenband gleich mal die härteste Nuss knacken können. Denn neben ihm im Hotel saß Annika Mehlhorn, die Vize-Weltmeisterin über 200 Meter Schmetterling. Und die wechselt ja nicht einmal innerhalb von Deutschland. "Ich brauche meine Umgebung", sagt sie. Da kann van den Hoogenband mit Eindhoven und den Vorzügen Hollands werben, so viel er will. Annika Mehlhorn ist mit viel weniger zufrieden. Sie kommt aus Baunatal.

Zur Startseite