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Sport: Küsschen von der Präsidentin

Lettland liebt seinen berühmtesten Fußballspieler und Europäer des Jahres: Maris Verpakovskis

Er sei nicht einmal rot geworden. „Maris, Maris“, hatten die Menschen auf den Straßen Rigas gerufen. Drinnen im Regierungspalast kam sie auf ihn zu und küsste ihn. Auf die Wange, nur damit keine Missverständnisse auftauchen. Sie, das ist die Staatspräsidentin Lettlands, Vaira Vike-Freiberga. Nun küssen Staatsoberhäupter eher selten Fußballspieler, die anderen lettischen Spieler mussten sich beim Empfang nach der geglückten EM-Qualifikation mit einem Händedruck zufrieden geben. Maris Verpakovskis aber empfand weder Scham noch fühlte er sich vorteilhaft behandelt. Er fand, er hatte den Kuss verdient.

Von keinem verkaufen sie in Riga mehr Trikots, für keinen hat jemals ein ausländischer Klub so viel bezahlt wie für ihn (Dynamo Kiew/3,5 Millionen Euro), und keiner hat seinen Traum von einem neuen Auto so ungeniert geäußert. Sein Subaru sei ihm am Ende doch etwas zu langsam. „Ich fahre gern schnell“, sagt Verpakovskis. „Nur, wenn ich nicht allein fahre, bin ich vorsichtig.“

Irgendwie passt das zu dem 24 Jahre alten Stürmer. Inzwischen wissen auch die tschechischen Stars, bei ihm ist im Strafraum mit überhöhter Geschwindigkeit zu rechnen. Er schoss gleich im ersten Spiel ein Tor. Die deutschen Abwehrspieler werden ihn auch als unbekümmerten Burschen kennen lernen, der es genießt, dass ihn seine rasante Karriere nun auf die Fußballbühne Europameisterschaft trug. Am Samstag wird er sich in Porto im Estadio do Bessa zeigen. „Ich hoffe, die Magie der Qualifikationsspiele kehrt zu mir zurück“, sagte er. Sechs Tore in acht Qualifikationsspielen haben ihn zum Nationalhelden gemacht.

Maris Verpakovskis wurde zum Fußballer des Jahres gewählt und zum lettischen „Europäer des Jahres“, übrigens mit großem Vorsprung vor der Staatspräsidentin. „Diese EM ist für uns alle eine Chance, zu zeigen, dass unser kleines Land etwas leisten kann“, sagt Verpakovskis. Die Fußballer sind in Lettland eine Art Botschafter für Politik und Wirtschaft. Seit der Unabhängigkeit 1992 orientiert sich das neue EU-Mitglied verstärkt am Westen.

Nur er blieb im Osten und unterschrieb einen Vertrag bei Dynamo Kiew. Gleich für fünf Jahre. Die Ukrainer hatten seinem Vater Ilmars einen Trainerjob im Klub verschafft. Früher spielten die beiden, Vater und Sohn, sogar gemeinsam beim FK Liepaja, dem lettischen Abonnementmeister. „Ich wollte spielen und nicht auf der Bank sitzen. In Kiew gibt es keine Sprachbarriere für mich, das halte ich am Anfang für wichtig.“ Olympiakos Piräus warb um ihn, auch Arsenal, Chelsea und Bayern München waren interessiert. Aber selbst der russische Multimilliardär Roman Abramovitsch kam nicht weiter als bis zu einem Mittagessen mit Verpakovskis. „Wer weiß, ob ich bei einem großen Klub überhaupt gespielt hätte“, sagt er.

In Lettlands Nationalmannschaft spielt er. Immer. „Zwei, drei Chancen bekommt Maris in jedem Spiel. Und mindestens eine nutzt er normalerweise. Wir müssen nur noch die Enttäuschung über die Niederlage gegen die Tschechen abschütteln", sagt sein Trainer Starkovs. Vor dem Spiel gegen Deutschland klingt das fast wie eine Drohung.

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