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Sport: Kunst und Arbeit

Der FC Bayern spielt auf wie in besten Zeiten

Von Karsten Doneck

Hamburg. Was Oliver Kahn da sagte, hörte sich fast wie eine Drohung an. Anscheinend ohne große Kraftanstrengung hatte der FC Bayern München gerade beim Hamburger SV einen 3:0-Sieg gelandet, und dennoch stellte der Nationaltorwart fest: „Wir sind noch nicht auf dem Level, auf den wir kommen wollen.“ Die HSV-Profis müssten bei derlei Worten Angst bekommen. Man stelle sich nur vor, die Bayern wären in der mit 55 516 Zuschauern ausverkauften AOL-Arena wirklich in ihrer Hochform aufgelaufen. Wie ernüchternd wäre das Ergebnis dann wohl ausgefallen? 0:5? 0:6? Am Sonnabend mussten selbst die sich nicht verausgabenden Münchner den Hamburgern wie Über-Bayern vorgekommen sein.

„Die Bayern waren eine Nummer zu groß für uns“, gestand Hamburgs Mittelfeldspieler Jörg Albertz und beeilte sich, rasch hinzuzufügen: „Heute jedenfalls.“ HSV-Kapitän Nico Jan Hoogma wähnte sich gleich in einer anderen Liga. „Bayern hat gezeigt, dass die zurzeit eine Klasse besser sind als wir.“ So ist das in der Fußball-Bundesliga: Es gibt Klubs, die können mit den Bayern nicht mehr konkurrieren. Der HSV zählt längst dazu.

Es scheint, die Kluft wird von Saison zu Saison größer, beängstigender. Zumal Bayerns Trainer Ottmar Hitzfeld meinte: „Wir haben einige Spieler in unseren Reihen, die noch nicht hundertprozentig fit sind, zum Beispiel Ze Roberto oder auch Michael Ballack.“ Wenn diese Profis ihre Rückstände nach der WM erst aufgearbeitet haben, dürfte die Leistungsdifferenz noch größer sein.

Erst 6:2 gegen Arminia Bielefeld, dann 3:0 beim HSV – der FC Bayern scheint auf dem besten Weg, sich die in der vorigen Saison verlorene Vormachtstellung zurückzuerobern. Dortmund – Meister, Leverkusen – Vizemeister? Das soll aus Sicht der Münchner ein Betriebsunfall gewesen sein. Zumal die Bayern-Elf zwei Gesichter zeigt: Schienen die Spieler gegen Bielefeld zuweilen den Ball mit dem Zauberstab zu führen, so benutzten sie in Hamburg mitunter grobes Werkzeug. „Es geht nicht immer nur mit spielerischen Mitteln, oft muss man auch erst mal dem Druck des Gegners etwas entgegensetzen“, sagte Oliver Kahn. Verschwunden ist gar die den Bayern nachgesagte Arroganz.

Franz Beckenbauer hat selbst mal kurz beim Hamburger SV gespielt, damals noch unter Trainer Ernst Happel. Nach seiner Meinung über den HSV befragt, stellte er fest: „Denen fehlt mit Sergej Barbarez ein torgefährlicher Mann. Mit ihm wird sich der HSV von hinten lösen und auch wieder unter die ersten sechs kommen.“ Das klang schmeichelhaft – und doch wieder beängstigend. Man stelle sich vor: Der Hamburger SV wird tatsächlich Fünfter, und selbst ein Tabellenfünfter ist nicht mehr in der Lage, mit den Bayern mitzuhalten. Arme Bundesliga.

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