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Sport: Kunstpausen in Weiß

Routiniert und glanzlos siegt der FC Bayern in Nürnberg

Von Oliver Trust

Nürnberg. Manchmal sind die Fragen der Journalisten noch schwerer zu beantworten als sonst. Sekunden nach dem Schlusspfiff müssen die Spieler die ersten Analysen liefern, mit Blick aufs nächste Spiel, tauglich für packende Schlagzeilen – eine Herausforderung. Und so stand Michael Ballack da und brauchte eine Weile, bis ihm nach dem 2:1-Erfolg gegen den 1. FC Nürnberg im Frankenstadion überhaupt etwas einfiel.

Das lag diesmal auch daran, dass die Frage dem überragenden Mann aus dem bayerischen Mittelfeld viel abverlangte: Erst fünf Spieltage sind um – und schon sollte er prognostizieren, wer die Bayern in ihren schneeweißen Trikots auf dem Weg zur Deutschen Meisterschaft aufhalten könnte. Die vorsichtige Antwort: „Es gibt viele Mannschaften in der Bundesliga, die das Potenzial haben.“ Es kämen ja noch schwere Wochen, und die Champions League beginne erst. „Außerdem haben wir heute Fehler gemacht und dann gleich einen drin gehabt.“

Wie selbstbewusste Sieger stiegen die Münchner also nicht in ihren Bus. „Wichtig ist, dass wir gewonnen haben. Vor der Champions League wollten wir das unbedingt", hörte man aus dem Bayern-Team. Drei Punkte also als Pflichtaufgabe, ohne Glanz und Gloria. „Wer hier zaubern will, geht unter“, sagte auch Torhüter Oliver Kahn. Derbys gegen Nürnberg seien immer geprägt von Kampf und selten von spielerischer Klasse. Und Ballack sagte: „Man kann doch nicht immer alle 3:0, 4:0 schlagen.“

Gegen bemühte, aber wirkungslose Nürnberger hatte sich die Mannschaft voller Stars auf Kontrolle und ein paar lichte Momente beschränkt. Letztere bescherte vor allem Ballack, der beide Tore (12./54.) schoss. Trainer Ottmar Hitzfeld meinte lapidar: „Wir waren verunsichert nach dem Ausgleich.“ Im Hinblick auf vielfältige Herausforderungen hatte sich wohl so mancher beim FC Bayern eine Kunstpause gegönnt. „Aber am Mittwoch, gegen Deportivo La Coruña, wird etwas anderes von uns verlangt“, sagte Kahn.

Die Franken hingegen werteten das Resultat als Hoffnungsschimmer. Immerhin sei hier „Ferrari gegen einen 270er Diesel“ angetreten – so definierte Nürnbergs Trainer Klaus Augenthaler das Spiel. Und ein 0:6-Debakel habe es auch nicht gegeben, wie viele Experten vorausgesagt hätten. „Wenn wir in den nächsten Wochen so spielen wie heute, werden wir auch punkten", sagte er optimistisch. Zu optimistisch angesichts der Berichte über seine Verzweiflung im Training, wenn Flanken trainiert werden und keine Übung gelingen will?

Gegen die Bayern hatten die Franken zumindest alles in die Waagschale geworfen, was ging, inklusive Anfeindungen im Stadionmagazin, gellender Pfiffe und Beschwerden bei Schiedsrichter Markus Merk. Denn der hatte nach Cirics Elfmetertor in der 34. Minute – 1000. Tor der Bundesliga – nicht noch einen Elfmeter pfeifen wollen, nachdem Kahn mit Martin Drill zusammengeprallt war. Viele der 45 000 Zuschauer pfiffen Kahn aus, und Beleidigungen („WM-Versager") schallten auf den Rasen.

Darauf angesprochen zuckte Ballack nur die Schultern. „Das ist immer so. Wenn wir spielen, brennt die Hütte. Aber heute haben wir dazu beigetragen, weil wir uns zu früh einlullen ließen. Am Mittwoch müssen wir mit mehr Konzentration spielen. Und das werden wir auch.“ Fragt sich, ob das auch für ihn gilt. Der Mittelfeldspieler erlitt eine Prellung am linken Fuß und konnte am Sonntag nicht trainieren. Ob er am Mittwoch spielen kann, ist unklar.

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