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Durchhalteparolen. Die Rangers haben bisher 54 Meisterschaften geholt – eine weitere kommt frühestens in vier Jahren dazu. Foto: dapd

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Sport: Lebendig begraben

Der Pleiteklub Glasgow Rangers muss in die vierte Liga – Schottlands Fußball stehen schwere Zeiten bevor.

Der schottische Rekordmeister Glasgow Rangers muss in die vierte Liga absteigen. Die 30 Mitgliedsvereine der Scottish Football League (SFL), dem Dachverband der zweiten, dritten und vierten Liga, entschieden am Freitag, dass der nach ihrer Bankrotterklärung im Juni unter dem Hilfsnamen „Newco Rangers“ neuformierte Klub in der nächsten Saison in der untersten Profi-Liga spielen wird. „Es war eine schwierige Entscheidung im Sinne der sportlichen Fairness”, sagte SFL-Chef David Longmuir. Die Scottish Premier League (SPL) hatte dem liebevoll „Gers“ genannten Klub zehn Tage zuvor die Mitgliedschaft verweigert.

Der Entschluss der SFL stellt den traurigen Tiefpunkt in der 140-jährigen Geschichte des traditionell protestantischen Vereins aus dem Glasgower Stadtteil Ibrox dar. Finanzielle Probleme hatten den Rangers schon länger Schwierigkeiten gemacht, stark zugespitzt hatte sich die Situation jedoch im vergangenen Jahr, als das britische Finanzamt Steuernachzahlungen von insgesamt 73 Millionen Euro einforderte. In seiner Not verkaufte Eigentümer Sir David Murray, ein Stahlmagnat, den Klub am 6. Mai 2011 für die symbolische Summe von einem Pfund an den Unternehmer Craig Whyte, der große Investitionen versprach. Whyte, 41, beglich nach der Übernahme sofort Bankschulden von 22 Millionen Euro, aber der Verein bewegte sich weiter am Rande der Zahlungsunfähigkeit.

Wie sich bald herausstellte, hatte Whyte vorab die Einnahmen aus zukünftigen Stadionkartenverkäufen der Rangers für 33 Millionen Euro an eine Agentur verpfändet, eigene Gelder standen ihm überhaupt nicht zur Verfügung. Als das Finanzamt im Februar dieses Jahres auf Lohnsteuer-Ausgleichszahlungen in Höhe von 12 Millionen Euro pochte, mussten die Rangers Insolvenz anmelden. Vier Monate später lehnte das Finanzamt einen außergerichtlichen Vergleich ab. Der Klub wurde somit offiziell liquidiert. Gegen Whyte ermittelt mittlerweile die Polizei wegen Verdacht des Betruges. Ein vom englischen Unternehmer Charles Green geführtes Konsortium übernahm im Mai dieses Jahres die Konkursmasse des Vereins für 10,7 Millionen Euro.

Der Neubeginn in Liga vier bedeutet für die „neuen“ Rangers jedoch noch lange nicht das Ende der unrühmlichen Affäre. Leistungsträger wie Steve Davis, Kyle Lafferty, Jamie Ness, Steven Whittaker und Steven Naismith haben auf Rat der Profigewerkschaft den Klub bereits verlassen, Green aber besteht weiter auf die Erfüllung der Verträge und will gegebenenfalls gegen die Zulassung der Transfers klagen.

Widerstand gegen den SFL-Entscheid ist auch von der Scottish Premier League (SPL) und dem schottischen Fußballverband (SFA) zu erwarten. SFA-Chef Stewart Regan hatte vor der Abstimmung gewarnt, dass der schottische Fußball im Falle eines Zwangsabstiegs der Rangers in die vierte Liga einen „langsamen, zögerlichen Tod“ sterben würde, sogar „soziale Unruhen“ seien zu befürchten.

In Wahrheit geht es hauptsächlich ums Geld. Verband und erste Liga haben Angst, dass die Premier League ohne die Supermacht Rangers nicht überlebensfähig ist. Die übertragenden Fernsehsender würden höchstens ein Jahr ohne das Glasgower Derby Celtic gegen Rangers akzeptieren, deutete Premier-League-Boss Neil Doncaster an. Der bis 2017 laufende, jährlich mit 20 Millionen Euro dotierte Vertrag mit Sky und ESPN muss eventuell nachverhandelt werden, vermuten Experten. Den Erstliga-Vereinen drohen erhebliche Einbußen, während sich die unteren Ligen auf mindestens drei Spielzeiten mit vollen Häusern bei den Rangers-Partien und gesteigerten Einnahmen aus den Fernsehrechten freuen dürfen.

Oder auch nicht: Die „Newco Rangers“ teilten in einer ersten Reaktion auf die Abstimmung mit, dass der Verband SFA und die Premier League SPL die Gründung einer „2. Premier League“ anstrebten, in der die Rangers zusammen mit Mitgliedern aus der derzeitigen zweiten Liga einen Platz finden würden. Die Football League will dieser Neuordnung jedoch keineswegs zustimmen. „Damit kommen sie nie durch“, sagte Turnbull Hutton, der Geschäftsführer von Zweitligist Raith Rovers. Der neue Rangers-Eigner Charles Green erklärte auch kurz danach, man werde die Verbannung in die vierte Liga akzeptieren. Dem finanziell schon genug gebeutelten schottischen Fußball stehen aber so oder so schwere Zeiten bevor.

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