zum Hauptinhalt
Ungewöhnlich leer ist die U-Bahn Station am London Bridge.

© Reuters

Leeres London: Wo, bitte, bleibt das Chaos?

London hat bei Olympia Überfüllung und Chaos erwartet. Stattdessen gibt es nicht nur leeren Ränge, sondern auch eine leere Stadt. Die Warnungen waren anscheinend zu stark.

Beim Freiluftkonzert im Museumsviertel spielt die Big Band Glemson University aus Kalifornien. Außer den mitgereisten Kommilitonen stehen nur zwei Dutzend Londoner und Touristen herum. Ein paar Ecken weiter im Hyde Park. Das Africa Village, Treffpunkt der afrikanischen Fans, ist am frühen Abend fast leer. Auch beim „Live Screen“ im Hyde Park sind unter bedecktem Himmel noch jede Menge Plätze frei.

Wochenlang warnte Bürgermeister Boris Johnson mit einer Ansage in der U-Bahn: „Hi Folks“, begann er und sprach von „riesigem Druck“ auf das Verkehrssystem. Inzwischen ist die Ansage gestoppt. Denn statt Überfüllung herrscht in London gespenstische Leere. Laut dem Organisationskomitee Locog ist der Verkehr um 17 Prozent unter Normalniveau gefallen. „Manchmal kann man Opfer des eigenen Erfolgs werden“, sagte Locog-Chefmanager Paul Deighton. Was er meinte: Die Warnungen haben zu gut gewirkt.

Der Earl of Bradford, Besitzer zweier Restaurants in Covent Garden, schimpft als Sprecher des Londoner Restaurantverbands: „Wir hatten schon lange Bedenken wegen Olympia, aber nun ist es eine Katastrophe.“ Sein Umsatz sei um 72 Prozent gefallen. Das Britische Museum schätzt den Rückgang der Besucher auf 25 bis 30 Prozent, der Verband der Taxifahrer spricht von 20 bis 40 Prozent, die normalerweise vollbesetzten Londoner Theater rechnen mit Umsatzausfällen von 30 Prozent. In Restaurants wie dem „Wolsey“, die sonst auf Wochen ausgebucht sind, kann man nun kurzfristig Tische buchen. Hotels haben Zimmer frei und müssen ihre Preise reduzieren.

Was ist passiert? Bernard Donoghue vom Verband der Besucherattraktionen glaubt, dass sich zwei wichtige Gruppen abschrecken ließen. „Überseetouristen, die sonst kommen, sind weggeblieben, und Londoner und Briten selbst meiden die Stadt.“

Aber auch viele Olympiabesucher scheinen den Londoner Osten kaum zu verlassen und konzentrieren sich ganz auf den Sport. Das Westfield Stratford, größtes Einkaufszentrum Europas und Tor zum Olympiapark, wimmelt von Menschen, aber im Westfield London in White City, dem zweitgrößten, ist es menschenleer. Eine Gruppe Holländer erklärte einem BBC-Reporter gerade erst, wie sie Olympia angehen: Frühstück auf dem Zeltplatz, dann in den Olympiapark, abends ins „Holland Heineken House“ und nach vier Tagen wieder nach Hause.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false