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Leichtathletik: Aufstand bei der Team-EM

Athleten und Trainer äußerten heftige Kritik an den neuen Wettkampf-Regeln bei der ersten Mannschaft-Europameisterschaft. Es gab Pannen und eine Menge Irritationen.

"Es war Chaos pur und hat mich nicht begeistert", schimpfte Christina Obergföll. Die Olympia-Dritte hatte bei der Premiere der Leichtathletik-Team-EM in Leiria ihren Speer am Samstag auf die Weltjahresbestweite von 68,59 Meter geworfen. Um ein Haar wäre sie aufgrund des verschärften Prozederes vorzeitig aus dem Wettkampf ausgeschieden.

"Als generelles Neukonzept ist es nicht geeignet", urteilte Herbert Czingon, Cheftrainer für die Technischen Disziplinen im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV).

Der Frust über das neue Regelwerk zieht sich durch alle Disziplinen. So herrschte in den Langstrecken-Rennen, bei denen nach dem neuen Modus jeweils die Letzten nach den Runden drei, vier und fünf aus dem Rennen genommen werden, ein heftiges Wirrwarr.

Im 3000-Meter-Lauf der Frauen wurde das Chaos perfekt. Die Spanierin Natalia Rodriguez sollte eigentlich als erste Läuferin ausscheiden. Sie blieb jedoch nicht stehen und kam sogar als Erste ins Ziel. "Ich bin weiter gelaufen, weil ich gut in Form war", sagte sie. Für die Frankfurterin Simret Restle hatte das Folgen: Sie hörte vorzeitig auf, obwohl sie gar nicht musste. "Es war gut, bis auf die Regeln", sagte sie.

Die Idee, durch solche Ausscheidungsrennen und weniger Sprung- und Wurfversuche mehr Spannung für Zuschauer zu schaffen, erlebte beim Pilotprojekt einen kapitalen Fehlstart. "Es war total verwirrend", berichtete der Hammerwurf-Dritte Markus Esser (Leverkusen/77,62 Meter). "Nach dem dritten Versuch habe ich gedacht, nicht weitergekommen zu sein, und die Schuhe schon ausgezogen."

Stabhochspringerin Silke Spiegelburg hält die neuen Wettkampfbestimmungen für leistungsminimierend. "Der Australier Steve Hooker wäre nie Olympiasieger geworden", sagte die Leverkusenerin im Hinblick auf dessen Triumph im dritten Versuch in Peking. Für sie war in Leiria im zweiten Versuch über 4,60 Meter Ende, weil es ihr insgesamt vierter Fehlversuch war und sie ausschied. "Ich hoffe nicht, dass sich das alles durchsetzt", so die EM-Vierte.

Neben dem Regel-Wirrwarr gab es auch eine Reihe von Pannen im Innenraum und Kritik an der Zahl der EM-Teilnehmer. Czingon kritisierte die Kampfrichter als nicht sehr professionell. Außerdem stellte er infrage, ob bei der Team-EM zwölf Nationen am Start sein sollten: "Damit hat man den neuen Regeln keinen gefallen getan." Eine Begrenzung auf sechs oder acht Länder wäre besser. "Denn hier trifft Welt- auf Kreisklasse."

Die Team-EM löst den bisherigen Europacup ab. Zwölf Länder ermitteln den Europameister. Frauen und Männer werden nicht mehr getrennt gewertet.

Die neuen Regeln

Es gilt die verschärfte Fehlstartregel. Jeder Athlet, der einen Fehlstart verursacht, wird sofort disqualifiziert.

Über 800 Meter starten alle zwölf Athleten nicht auf Einzelbahnen sondern von einer Startlinie (Evolvente).

Bei den Langstrecken (3000, 5000 und 3000 Meter Hindernis) werden je drei Athleten aus dem Rennen genommen. Jeweils der Letzte nach den Runden drei, vier und fünf (3000 und 3000 Meter Hindernis) sowie nach den Runden drei, fünf und sieben beim 5000-Meter-Lauf.

In den vier Wurfdisziplinen sowie im Weit- und Dreisprung gibt es maximal vier Versuche. Nach zwei Versuchen scheiden die sechs schlechtesten Starter aus, nach dem dritten Versuch zwei weitere.

Im Hochsprung und Stabhochsprung haben die Teilnehmer im ganzen Wettkampf insgesamt vier Fehlversuche. Die Regel, dass drei Fehlversuche bei einer Höhe zum Ausschluss führen, bleibt bestehen.

ZEIT ONLINE, sh, dpa

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