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Die flinken norwegischen Brüder Henrik, Jakob und Filip Ingebrigtsen (von links) hatten während der EM einiges zu feiern.

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Update

Leichtathletik-EM in Berlin: Flinke norwegische Brüder und eine schlaue Britin

Nicht nur die deutschen Leichtathleten bescherten der EM in Berlin besondere Momente – ein Überblick über bemerkenswerte internationale Geschichten.

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Schnelle Brüder

Familiäre Trainingsgruppen scheinen die Erfolgsformel schlechthin zu sein. Am Freitag starteten im 1500-Meter-Finale die drei norwegischen Brüder Henrik, Filip und Jakob Ingebrigtsen. Der Jüngste, der erst 17 Jahre alte Jakob, gewann das Rennen souverän. Rivalität zwischen Brüdern soll ja oft die härteste sein, aber Henrik (27) und Filip (25) gönnten Jakob den Titel vollkommen. Sie waren über diese Distanz ja schon Europameister – Henrik siegte 2012 und Filip 2016. Bruder Jakob übertraf die Brüder am Samstag allerdings erneut. Da triumphierte er auch über 5000 Meter, Henrik wurde Zweiter, Filip war wegen einer Verletzung nicht angetreten. Und die Ingebrigtsen-Dominanz dürfte weitergehen. Jakob kündigte an: „Für uns gibt es keine Grenzen. Und wir haben noch einen Bruder – er wird fünf.“

Blau-weiß-rot auf dem Index

Fachfremde Beobachter rieben sich bei der EM häufig die Augen, wenn das Flaggensymbol mit dem rot-blau-gelben Schweif auftauchte und als Nationenkürzel ANA ausgegeben wurde. ANA steht für Authorised Neutral Athletes und damit sind die Sportler aus Russland gemeint. Nachdem der internationale Leichtathletikverband IAAF eine Kollektivsperre gegen Russland wegen systemischen Dopings ausgesprochen hat, durften nur 29 ausgewählte russische Sportler unter neutraler Flagge starten. Die IAAF war dabei ausgesprochen rigide: Die russischen Nationalfarben standen auf dem Index. Die Haare durften nicht blau-weiß-rot gefärbt sein, ja nicht einmal der Nagellack durfte in den Nationalfarben aufgetragen werden. Man munkelt, der ein oder andere Athlet trug Unterwäsche in russischen Farben.

Dreimal drei Übertritte

Kevin Mayer war bei den Zehnkämpfern so favorisiert, dass Arthur Abele vor der EM ehrfürchtig über den Franzosen gesagt hatte: „Kevin hat eine Form des Grauens.“ Doch dann erlebte der Weltmeister in Berlin seinen Zehnkampf des Grauens, vor allem einen Weitsprung des Grauens. In der zweiten Disziplin des Wettkampfs trat Mayer dreimal über, brachte also keinen gültigen Versuch zustande und vergab so alle Siegchancen. Schlimmer noch für die Franzosen, auch Mayers Teamkollegen Ruben Gado und Romain Martin gelang im Weitsprung kein einziger gültiger Versuch. So waren alle Franzosen raus aus dem Medaillenrennen.

Die talentierte Dina Asher-Smith

Diese Frau sollte in keinem Fall als Vorbild herangezogen werden, Nachahmer können nur scheitern: Dina Asher-Smith hat bemerkenswert viele Talente. Die Britin ist erst 22 Jahre jung und hat trotzdem schon einen Abschluss in Geschichte am renommierten King’s College in London geschafft. In Berlin diskutierte sie angeregt mit IAAF-Präsident Sebastian Coe – auch ein studierter Historiker – über die Nazivergangenheit in Deutschland. Nebenbei nahm sie noch an den Sprintwettbewerben teil. Sie gewann ihre Rennen über 100 Meter und 200 Meter recht deutlich. Und auch mit der 4x100-Meter-Staffel holte sie ihre dritte EM-Goldmedaille. Ihr Trainer John Blackie lüftete jüngst ihr Erfolgsgeheimnis: „Seit ich sie mit Männern trainieren lasse, rennt sie so schnell. Sie kann einfach nicht verlieren.“

Team Multikulti

Es gibt viele Strategien, um Medaillen zu gewinnen. Den Nachwuchs zu fördern, ist eine vielversprechende Variante, auf die auch die meisten Leichtathletik-Verbände setzen. Der türkische verfolgt eine andere Strategie. Der Verband bürgert starke Athleten, etwa aus Afrika, Kuba oder Jamaika, ein – und zahlt ihnen für den Nationenwechsel schöne Summen. Auf 13 Athleten, ein Drittel des türkischen Teams, trifft das zu. Viele leben dann auch einfach weiter in ihrem Heimatland. Aber dank der Multikulti-Strategie holten die Türken fünf Medaillen.

Berlin oder Warschau?

Am Samstag im Eingangsbereich des Südtors am Olympiastadion war für ein paar Minuten nicht ganz klar, wo genau diese EM stattfand. In Berlin, oder in Warschau? Hunderte polnische Fans hatten sich dort versammelt, und sie sollten einen fantastischen Abend erleben. Zunächst siegte über 400 Meter der Frauen Justyna Swiety, ehe danach Adam Kszczot über 800 Meter triumphierte. Und als der Jubel ohnehin schon maßlos war, holte die polnische 4x400-Meter-Staffel der Frauen ebenfalls Gold. Auch der Blick auf den inoffiziellen Medaillenspiegel verrät: Es war die EM der Polen. Sie gewannen sieben Goldmedaillen. So viele wie sonst nur die Briten.

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