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Die Messlatte übersprungen. Die 23 Jahre alte Marie-Laurence Jungfleisch wurde im Hochsprung Fünfte.

© dpa

Leichtathletik-EM in Zürich: Bilanz der Deutschen: Fähig zur Steigerung

Die deutsche Mannschaft hat bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Zürich so wenige Medaillen gewonnen wie seit 1994 nicht mehr. Die Bilanz fällt trotzdem positiv aus – dank der Erfolgsquote der vielen jungen Athleten.

Jeden Tag sind die deutschen Athleten in ihrem Mannschaftshotel an einer Wand mit ihren Fotos und allerlei Botschaften vorbeigelaufen. „Jede Minute Zweifel verschenkt 60 Sekunden das Gefühl, es zu schaffen“, konnten sie dort lesen, oder: „Stell dir etwas oft genug vor und es wird passieren.“ Was sie sich genau vorgestellt haben vor diesen Europameisterschaften in Zürich, wissen sie nur selbst. Wenn es das ist, was sie am Ende tatsächlich erreicht haben, waren es keine maßlosen Ziele und schon gar keine Medaillenschwemme, aber größtenteils starke Leistungen.

„Die Mannschaft hat ihre Pflicht erfüllt“, sagt DLV-Präsident Clemens Prokop

Die Bilanz der deutschen Mannschaft bei dieser EM liest sich in Medaillen ausgedrückt nicht so herausragend wie gewünscht. So wenige Medaillen hat die deutsche Mannschaft seit 1994 nicht gewonnen, viermal Gold, einmal Silber, dreimal Bronze. Die Erfolge bei der WM 2013 in Moskau und der Sieg bei der Team-EM im Juni in Braunschweig hatten hohe Erwartungen geweckt. Allerdings waren auch einige der besten deutschen Athleten in Zürich nicht am Start. Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), sagte daher: „Die Mannschaft hat ihre Pflicht erfüllt, bei der Kür haben sich nicht alle Hoffnungen erfüllt.“ Mit der Pflicht meinte er wohl auch Titelgewinne wie die der Kugelstoßer Christina Schwanitz und David Storl sowie des Diskuswerfers Robert Harting.

Auffallend sind vor allem sechs vierte und zehn fünfte Plätze

Neben der Zählweise nach Medaillen gibt es aber eine weit aussagekräftigere, die nach Platzierungen unter den besten Acht. Da belegten die Deutschen hinter Russland, Großbritannien und Frankreich Platz vier. Auffallend sind dabei vor allem sechs vierte und zehn fünfte Plätze, und Thomas Kurschilgen, der Sportdirektor des DLV, wollte diese Plätze richtig eingeordnet wissen. „Man sollte nicht von undankbaren vierten oder fünften Plätzen sprechen“, sagte er. Als Beispiel nannte er die 22 Jahre alte Siebenkämpferin Carolin Schäfer, die mit persönlicher Bestleistung Vierte wurde. „Der ausschließliche Blick auf den Medaillenspiegel wird den Athleten und ihren Leistungen nicht gerecht“, sagte Kurschilgen, „wenn nur Freude aufkommt, wenn eine Medaille gewonnen wird, halte ich das für mehr als bedenklich.“ Das Fazit des Sportdirektors lautete: „Es ist eine Mannschaft, die extrem finalfähig ist.“

Es ist vor allem eine sehr junge Mannschaft, und gerade daraus ziehen die Verantwortlichen viel Zuversicht. Felix Franz wurde mit seinen 21 Jahren Fünfter über 400 Meter Hürden. „Ein fantastisches Ergebnis“, sagte Kurschilgen. Der Sieger des Finales, der Schweizer Kariem Hussein, könnte Franz weitere Motivation geben. Er kam erst mit 20 Jahren vom Fußball zur Leichtathletik – jetzt ist er Europameister.

Bei der Bilanz des DLV saßen die drei Diskuswerferinnen neben Prokop und Kurschilgen, auch sie bestätigten das Bild dieser Mannschaft. Shanice Craft ist 21 und wurde Dritte, Anna Rüh, gleiches Alter, Vierte, und Julia Fischer mit 24, also auch noch im steigerungsfähigen Alter, Fünfte. „Knapp sechzig Prozent unserer U-23-Athleten sind unter die besten Acht gekommen“, sagte Kurschilgen. „Das ist eine Mannschaft mit Perspektive für die Olympischen Spiele 2016“, sagte Prokop. Vielleicht nehmen sich die deutschen Athleten dafür noch etwas mehr vor, und wenn ihr Sinnspruch stimmt, müssen sie einfach nur oft genug daran denken.

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