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Leichtathletik: Historischer Weltrekord durch Isinbajewa

Die Stabhochspringerin Jelena Isinbajewa hat am Freitagabend in London einen ganz besonderen Weltrekord aufgestellt. Die Russin überquerte als erste Frau die magische Fünf-Meter-Marke.

London/Stuttgart (23.07.2005, 14:31 Uhr) - 20 Jahre nach Sergej Bubkas erstem Sechs-Meter-Sprung hat Jelena Isinbajewa mit dem ersten Fünf-Meter-Satz einer Frau Leichtathletik-Geschichte geschrieben und sich den Weltrekord auch dementsprechend versilbern lassen. Für ihren Coup beim Super Grand Prix in London am Freitagabend erhielt die russische Stabhochspringerin offiziell 50.000 Dollar, umgerechnet rund 42.000 Euro. Hinter den Kulissen sollen aber nochmals mindestens 100.000 Euro extra geflossen sein. «Sie ist einzigartig und springt Rekorde wie ich früher», sagte der einstige ukrainische «Sputnik» Bubka als einer der ersten Gratulanten. «Dass sie jetzt die fünf Meter geschafft hat, ist etwas ganz Besonderes.»

Isinbajewa stockte die in ihrer Karriere verdienten Preisgelder auf etwa 700.000 Dollar auf und eiferte damit erfolgreich Bubka nach: Der Vorzeigesportler aus Doneszk, Olympiasieger von Seoul, sechsfacher Weltmeister und heute ein hochrangiger Sportfunktionär, hatte seine Bestmarken ebenfalls scheibchenweise verbessert und galt als erster Profi im Ostblock.

«So viel Geld ist das nicht», wehrte Isinbajewa ab. «Ich muss Steuern bezahlen und meinen Manager und meinen Trainer. Ich habe es getan, weil ich Bubka schlagen will, der 35 Weltrekorde aufgestellt hat. Ich möchte 36 erreichen und ich denke, das ist möglich. Deshalb muss ich es Zentimeter um Zentimeter machen.»

In der Stadt der Olympischen Spiele 2012 verbesserte die 23-Jährige erst ihren sechs Tage alten Weltrekord von 4,95 Meter um einen Zentimeter und überflog dann vor 18.000 Zuschauern im ersten Versuch die magische Fünf-Meter-Marke. Da bei technischen Disziplinen innerhalb eines Wettkampfs zwei oder mehr Rekorde aufgestellt werden können, gelangen der Athletin aus Wolgograd die Bestmarken Nummer 16 und 17 in der Halle und im Freien - 20 Jahre und 9 Tage, nachdem Bubka in Paris erstmals die 6,00 Meter stehen hatte. «Ich erinnere mich daran, wie wenn es gestern gewesen wäre», sagte Bubka, dessen Freiluft-Weltrekord von 6,14 noch immer unerreichbar ist.

«Es war mein Traum, die erste Frau über fünf Meter zu sein. Ich kann meine Gefühle gar nicht beschreiben», sagte Isinbajewa und frohlockte: «Nun ist das Stabhochspringen der Frauen berühmter als das der Männer.» Ihren ersten Weltrekord hatte sie am 13. Juli 2003 mit 4,82 Metern in Gateshead aufgestellt. Zu den Bewunderern im Crystel-Palace-Stadion zählte die Mainzerin Caroline Hingst, die in diesem denkwürdigen Wettkampf mit 4,32 Meter Neunte wurde und Olympiasiegerin Isinbajewa wie ein Wesen von einem fernen Stern abheben sah.

Die junge Disziplin hat eine enorme Entwicklung gemacht. Den ersten WM-Titel gewann 1997 Stacy Dragila noch mit 4,40 Meter. Die Amerikanerin holte auch das erste olympische Gold 2000 in Sydney mit der Weltrekordhöhe von 4,60. Und Isinbajewa sieht sich noch lange nicht am Ende ihrer Möglichkeiten. «Ich weiß nicht, wie viel höher ich noch springen kann. Vielleicht 5,05 Meter oder noch höher», kündigte sie an.

Im Schatten Isinbajewas standen in London sogar die Sprintstars: Olympiasieger Justin Gatlin gewann die 100 Meter in glänzenden 9,89 Sekunden, Wallace Spearmon (beide USA) stellte über 200 Meter in 19,89 Sekunden eine Weltjahresbestleistung auf. Weltrekordler Asafa Powell, der am 14. Juni in Athen 9,77 Sekunden gelaufen war, schied mit einer Leistenzerrung aus. Der Jamaikaner muss nun um seine Teilnahme an den Weltmeisterschaften vom 6. bis 14. August in Helsinki bangen.

Für den Höhepunkt aus deutscher Sicht sorgte Kirsten Bolm mit ihrem Sieg über 100 Meter Hürden: Die Mannheimerin lief in 12,59 Sekunden so schnell wie keine andere Deutsche seit 18 Jahren mehr und ist nun Fünfte der Weltrangliste. Der deutsche Rekord der DDR- Sprinterin Bettine Jahn von 1983 (12,42 Sekunden) ist allerdings noch ein Stückchen entfernt. «Das war der Sieg, der mir das Selbstbewusstsein für die WM gibt, um dort auch im Halbfinale gegen die Weltelite bestehen zu können», meinte Bolm bescheiden. (Von Ulrike John, dpa)

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