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Einer mit Hörnern. Der Norweger Karsten Warholm wurde in London sensationell über 400 Meter Hürden Weltmeister – der 21-Jährige könnte eines der neuen Gesichter der Leichtathletik werden. 

© John Sibley/Reuters

Leichtathletik-WM: London sucht den Superstar

Die Ära des Usain Bolt ist zu Ende, jetzt suchen alle fleißig einen Nachfolger. Bei der Leichtathletik-WM präsentieren sich die ersten Kandidaten.

Am Samstag gegen 23 Uhr geht bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in London die Ära des Usain Bolt zu Ende. Endgültig. Und danach? Die Leichtathletik sucht ihren neuen Superstar. Aber einen wie Bolt, der Ausstrahlung und Erfolge so auf sich vereint hat, wird es kaum mehr geben. Selbst die Niederlage des achtfachen Olympiasiegers im 100-Meter-Finale vor einer Woche kratzt nicht am Image des Jamaikaners, im Gegenteil. Bolt zeigte: Hey, ich kann auch anständig verlieren.

„Ich bin traurig, dass er geht“, sagt der Präsident des Leichtathletik-Weltverbands IAAF, Sebastian Coe, vor Bolts geplanten letzten Rennen über 4x100 Meter. „Der Junge ist eine Sensation. Keiner außer Muhammad Ali war so mit den Menschen verbunden.“

Der Weltrekordhalter über 100 und 200 Meter flirtet noch Sekunden vor dem Startschuss mit dem Publikum. Zudem machte er seine Siegerpose – wenn er den linken Arm ausstreckt, den rechten rückwärts anwinkelt und mit beiden Zeigefingern nach vorne zielt – zum Markenzeichen. So lässig wie er präsentiert sich kein Leichtathlet. „Neben den außergewöhnlichen sportlichen Erfolgen besticht Usain Bolt auch durch seine Persönlichkeit. Er weiß sich sehr gut zu inszenieren“, sagt André Bühler, Direktor des Deutschen Instituts für Sportmarketing in Nürtingen.

Ein Athlet braucht mehr als Werbepartner und soziale Netzwerke

Für die Rolle als Bolts Nachfolger haben sich bei diesen Weltmeisterschaften schon ein paar Kandidaten präsentiert: Wayde van Niekerk, der 200- und 400-Meter-Spezialist aus Südafrika, hat gute Chancen, eines der neuen Gesichter der Leichtathletik zu werden. Auch das japanische Sprintwunderkind Abdul Hakim Sani Brown oder der 21 Jahre alte Norweger Karsten Warholm, der über 400 Meter Hürden am Mittwochabend sensationell Weltmeister wurde und nun der jüngste Titelträger auf dieser kräftezehrenden Strecke ist. Trotz ihrer sportlichen Erfolge in London fehlt van Niekerk, Sani Brown und Warholm noch einiges zum Superstar.

„Usain Bolt hat es verstanden, mit seinem lockeren, kommunikativen und sehr mutigen Auftreten eine Marke aufzubauen, die Konsumenten Spaß macht und die klare Assoziationen auslöst“, sagt Raphael Brinkert, Geschäftsführer der Sport-Abteilung bei der Werbeagentur Jung von Matt. Niemand verkörpere die jamaikanische Lockerheit so sehr wie Bolt. Um ein Stadion für sich einzunehmen, braucht ein Athlet eben mehr als Werbepartner und soziale Netzwerke: „Den sportlichen Erfolg und das Potenzial zur medialen Inszenierung. Beide bedingen sich gegenseitig“, sagt Marketing-Professor Bühler. „Und wenn der Sportler dann noch eine gute Story mitbringt, macht es den Aufbau zu einer Sportmarke noch leichter.“

Die langfristige Entwicklung im Blick haben

Mo Farah, der britische Langstreckenläufer, rührte seine Landsleute etwa nicht nur mit seinem Doppelsieg bei den Olympischen Spielen 2012 in London, sondern ebenso mit seiner Vita: Schließlich wurde er vom Flüchtling aus Somalia zum Nationalhelden.

Aber schon nach dem ersten Erfolg machen so manche Leichtathleten einiges falsch. „Viele Sportler setzen sich nicht mit stringenter und konsequenter Markenführung auseinander“, sagt Brinkert. Sie würden kurzfristig eher ans Geld denken – ohne auch bei Verträgen ihre langfristige Entwicklung im Blick zu haben.

Auch Bühler sieht da einige Fallstricke: „In der Eigenvermarktung sind viele Sportler eher hemdsärmelig und wenig strategisch unterwegs.“ Also ohne daran zu denken, welches Image man leben und vermarkten möchte. Darüber müssen die Berater der Londoner Weltmeister jetzt vermehrt nachdenken – nun, da die Leichtathletik den größten Star verliert.(Tsp/dpa)

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