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Sport: Leichte Abstimmungsprobleme

Das McLaren-interne Formel-1-Duell Fernando Alonso gegen Lewis Hamilton birgt Konfliktpotenzial

Berlin - Fernando Alonso kann eine ganze Menge. Der zweimalige Formel-1-Weltmeister verfügt über enormes Fahrtalent, großes technisches Wissen, einen herausragenden Arbeitswillen und eine unglaubliche Abgeklärtheit auf der Strecke. Nur an seinem öffentlichen Auftreten muss er in Detailfragen noch arbeiten. Dies wurde ihm wohl vor dem Großen Preis der USA in Indianapolis (Sonntag, 19 Uhr/live bei RTL und Premiere) wieder einmal schmerzlich bewusst, als er Aussagen aus einem Interview im spanischen Radio klarstellen musste, das für so viel Wirbel gesorgt hatte.

Alonso war in jenem Interview nach dem Rennen in Kanada am vergangenen Wochenende folgendermaßen zitiert worden: „Ich bin in einem englischen Rennstall und habe einen englischen Kollegen. Er bekommt vom Team alle Unterstützung, alle Hilfen sind für ihn. Ich habe mich von Anfang an nicht wohl gefühlt.“ In der nicht unkomplizierten Beziehung zwischen Spanien und Großbritannien bekamen diese Worte schnell staatstragende Bedeutung. Die spanische Öffentlichkeit empfand sie als Beweis für eine systematische Benachteiligung ihres Nationalhelden im englischen Rennstall McLaren-Mercedes. Und die englischen Medienvertreter nahmen sie zum Anlass, um ein Szenario von bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Rennstall zu entwerfen. Auf der einen Seite der von Renault verpflichtete Spanier als einsamer Kämpfer, auf der anderen Seite der englische Newcomer Lewis Hamilton samt des ihm ergebenen Teams. Hamiltons etwas unbedachter Vorwurf einer teaminternen Stallorder beim Rennen in Monaco, das er hinter Alonso als Zweiter beendet hatte, hatten den ersten Wirbel rund um das interne McLaren-Duell ausgelöst. „Ich habe die Nummer 2 auf meinem Auto, ich bin der Nummer-2-Fahrer. Damit muss ich leben“, hatte Hamilton gesagt.

„Wir haben keinen Bürgerkrieg bei McLaren“, sagte Alonso nun. Seine Aussagen seien nicht ganz korrekt wiedergegeben oder übersetzt worden. „Ich habe nie etwas gegen das Team gesagt. Eher im Gegenteil, ich habe gesagt, dass ich ein Auto habe, das gut genug ist, um meinen dritten WM-Titel zu gewinnen.“ Die Aussage, dass er sich im Team noch nicht hundertprozentig wohlfühle, bestätigte er allerdings, diesmal jedoch mit ein paar weiteren Ausführungen. So wurde klar, dass es ihm um sachliche Themen geht, die er für verbesserungsfähig hält: Punkte wie Strategie, Testen oder auch das Teilen von Telemetriedaten unter den Teamkollegen.

Dennoch muss sich Alonso selbst ankreiden lassen, durch seine unpräzisen Aussagen die Vorlage für eine unnötige Schlammschlacht geliefert zu haben, von der sicher auch die Teamführung nicht begeistert war. Ähnliches passierte ihm schon einmal zu Renault-Zeiten, als er ebenfalls ziemlich undifferenziert mangelnde Unterstützung monierte. Nur Insider verstanden damals, dass es ihm um einige Veränderungen personeller und technisch-taktischer Art ging, die zum Teil gar nicht schwierig zu bewerkstelligen gewesen wären. Aber weil Alonso zwar Andeutungen in die Gegend warf, dann aber doch wieder einen Rückzieher machte, blieb als Ergebnis vor allem Konfusion und Unbehagen auf allen Seiten.

Eine solche Situation zu vermeiden, ist nun die Hauptaufgabe für Teamchef Ron Dennis, Geschäftsführer Martin Whitmarsh und Mercedes-Sportchef Norbert Haug. Sie müssen die Störfeuer in den Griff bekommen, bevor aus kleinen Scharmützeln irgendwann doch noch ein echtes Problem wird. Zwar betont Haug: „In der Arbeit, in den Briefings, ist die Stimmung gut, man arbeitet zusammen, überhaupt kein Problem.“ Das gilt zumindest bislang auch für den persönlichen Umgang zwischen Alonso und Hamilton, die gestern das Qualifikationstraining in Indianapolis dominierten. Hamilton sicherte sich die Pole Position vor Alonso.

Doch zur Belastungsprobe könnten nicht nur die englischen Medienvertreter werden, die in ihrer Sehnsucht nach dem ersten englischen Weltmeister seit Damon Hill 1996 bei der Auswahl ihrer Worte teilweise stark in Richtung Gürtellinie tendieren . Auch intern ist Konfliktpotenzial vorhanden. Zumindest auf der unteren Ebene gibt es im Team durchaus einige Mitarbeiter, die auch in der Box ihre nationalen Sympathien nicht immer sehr elegant bekunden. Es ist möglich, dass Alonsos Hinweis an die McLaren-Führung, gewisse Dinge zu ändern, ganz nebenbei auch diesen Punkt betraf. Denn Alonso gehört zu den Piloten, für die auch die Atmosphäre sehr wichtig sind.

Dennoch ist Fernando Alonso offenbar davon überzeugt, die Dinge mittelfristig in seine Richtung lenken zu können. Auf die Frage eines Reporters, wie viel Geld er auf einen Weltmeister Alonso setzen solle, sagte der Spanier jedenfalls ohne großes Nachdenken: „So viel Sie können!“

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