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Sport: Leiser streiten

Der Machtkampf in der Formel 1 nähert sich dem Ende – so scheint es

Jahrelang war es in der Formel 1 selbst dann nicht still, wenn die Motoren nicht liefen. Streit, Intrigen, Behauptungen und falsche Anschuldigungen – wann immer sich eine Möglichkeit bot, nutzte sie jemand. Und nun, vor dem Großen Preis von Australien in Melbourne am Sonntag, nun soll plötzlich Ruhe sein? Kaum ein Wort der Missgunst fällt mehr zwischen dem Motorsport-Weltverband (Fia) und seinem Präsidenten Max Mosley an der Seite des immer noch äußerst mächtigen Grand-Prix-Vermarkters Bernie Ecclestone und den aufbegehrenden Automobil-Herstellern andererseits. Mitte der Woche haben sich die bisher so widerspenstigen Hersteller für die Saison 2008 eingeschrieben und damit die Pläne ihrer Vereinigung GPMA für eine Konkurrenzserie scheinbar zu den Akten gelegt und den Fortbestand der Formel 1 gesichert. Doch die Ruhe könnte trügen.

Denn was auf den ersten Blick wie eine endgültige Einigung aussehen mag, ist weiterhin vor allem eines: ein gewaltiges Pokerspiel. Zunächst einmal hat sich die Fia dabei einen kleinen Vorteil erkämpft. Der Weltverband kündigte zur Saison 2008, wenn der alte Grundlagenvertrag mit den Herstellern ausgelaufen ist, umfangreiche Regeländerungen an. Verbunden mit einem cleveren Schachzug: Einflussmöglichkeiten auf das Reglement gibt es nur für jene Teams, die sich bis Ende dieses Monats für die Saison einschreiben. Rennställe, die noch unschlüssig sind, müssen die Regeln später ohne Mitspracherecht akzeptieren. Die Rechnung ging auf, die fünf GPMA-Hersteller Renault, Mercedes, Honda, Toyota und BMW schrieben sich geschlossen ein.

Ein Sieg auf ganzer Linie also für Mosley und Ecclestone? Nicht nur Norbert Haug sieht das anders. „Die Hersteller fühlen sich nicht in die Knie gezwungen“, sagt der Mercedes-Sportchef. „Es besteht ja theoretisch auch weiterhin die Möglichkeit einer eigenen Serie, auch wenn ich die Wahrscheinlichkeit für sehr gering halte.“ Zwar kann die Einschreibung der Teams als Signal für eine Entspannung gedeutet werden, sie bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass sich die Teams zur Fortführung der Serie verpflichtet haben. Wenn in bestimmten Punkten keine Einigung erzielt wird, können sie jederzeit den Rückzug antreten. Und die Vorschläge von Mosley bezüglich immer stärkerer technischer Restriktionen zur Kostenreduktion stoßen bei den Konzernen kaum auf Gegenliebe. Sie wollen die Formel 1 als Auslage für ihre High-Tech-Spielereien nutzen; da sind Ideen wie etwa jene, die Motorenentwicklung künftig auf fünf Jahre hinaus einzufrieren, eher hinderlich. Die meisten Herstellervertreter erhoffen sich nun, durch die frühzeitige Einschreibung im Laufe der Diskussion noch einiges beeinflussen zu können.

Ein weiterer Streitpunkt ist die Verteilung der Formel-1-Einnahmen. Bisher gingen von den etwa 650 Millionen Dollar jährlich nur 23 Prozent an die Teams, der Rest verschwand in Ecclestones Organisationsgeflecht. Im Moment sieht es so aus, als würde man sich mit der Investmentgesellschaft CVC, die die Mehrheitsanteile an der Formel 1 übernommen hat, darauf einigen, den Teams etwa 60 Prozent der Einnahmen zukommen zu lassen. Zuvor wird allerdings die Frage zu erörtern sein, was denn in der komplizierten Struktur der Ecclestone-Firmen überhaupt als Einnahmen zu gelten hat. Und auch, ob die neue Vereinbarung ab sofort gelten solle oder erst ab 2008. Es müssen also noch einige Details geklärt werden, bis endlich Ruhe herrscht in der Formel 1.

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