zum Hauptinhalt
Franz Beckenbauer ist die Lichtgestalt des deutschen Fußballs.

© dpa

Lichtgestalt mit Schatten: Zum 75. Geburtstag von Franz Beckenbauer

Franz Beckenbauer ist eine Ikone, ist Kaiser, der Mann, der den deutschen Fußball geprägt hat wie kaum ein anderer. Eine Würdigung.

Einen seiner vielleicht letzten großen kleinen Auftritte in Berlin hatte Franz Beckenbauer im Juni vor fünf Jahren. Einen Tag nach dem Finale der Champions League war er in einem Gasthaus am Schlachtensee ein großzügiger Gast. Die Dame, die für die Sauberkeit der sanitären Anlagen sorgte, bekam vom Kaiser Franz 20 Euro auf den Teller gelegt.

Sicher, 20 Mücken Trinkgeld, das kratzt einen Multimillionär wie den Beckenbauer nicht. Trotzdem hätte er es nicht machen müssen. Hat er aber, weil er trotz aller beruflichen Höhen zwar immer so wirkte, als käme er von einem anderen Stern, sich dann aber als sehr nahbar erweist, wenn die Menschen ihm mal etwas näher kommen.

Er hat den Fußball geprägt wie kein anderer

Franz Beckenbauer ist eine Ikone, ist Kaiser, der Mann, der den deutschen Fußball geprägt hat wie kaum ein anderer. Mit dem FC Bayern ist er aus der Zweitklassigkeit an die Weltspitze aufgestiegen. Die Nationalmannschaft hat er geführt, als Spieler und Teamchef, der immer ein wenig über den Dingen zu schweben schien. Kinder wollten in den Siebzigern eher Gerd Müller sein, der bombte die Bälle ins Tor, das war einfacher zu verstehen als Beckenbauers Feingeistigkeiten auf dem Platz.

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Als der Weltmeister-Spieler Beckenbauer vom Teamchef Beckenbauer abgelöst wurde, hätte das auch schief gehen können. Der Kaiser kippelte Ende der Achtzigerjahre gewaltig, als es beim Nationalteam nicht lief wie gewünscht, aber der Gewinn der Weltmeisterschaft 1990 wischte das alles weg. Franz Beckenbauer war ab da unbestritten die Lichtgestalt des deutschen Fußballs, wurde zum Macher des Sommermärchens 2006, der Schland-Heim-WM. Rund um diesen Traum von einem Turnier (damals war es so) baute er sich sein Denkmal.

Trotzdem hatte er noch einige Stürme zu überstehen. Private Schicksalsschläge, den eigenen Sohn zu verlieren, das war sicher schlimmer als alles andere. Und die Korruptionsvorwürfe rund um die WM 2006, die ihn bis heute begleiten. Richtig zu fassen war der Mann dabei nie, Franz Beckenbauer hat sich vor einigen Jahren aus der Öffentlichkeit weitgehend zurückgezogen.

Mit 75 Jahren noch so eine Strahlkraft

Leider stehe es nun um seine Gesundheit nicht mehr so gut, sagt er selbst. Angst vor dem Ende habe er aber nicht. Der Mann, der nah am Boulevard gebaut ist, hat dem Boulevard nun gesagt: „Warum soll ich mich über etwas aufregen, was ich eh nicht ändern kann? Ich weiß, dass es passieren wird.“ Schaun mer mal.

Es muss aber bitte nicht so früh passieren. Denn Fußballdeutschland ohne Franz Beckenbauer, das ist nicht vorstellbar. Über wen lässt sich in der Szene schon sagen, dass er auch mit 75 Jahren noch so eine Strahlkraft hat? An diesem Freitag wird er, kaum zu glauben, so alt.

Nicht so abgehoben

Herzlichen Glückwunsch, Franz Beckenbauer! Und danke dafür, dass Sie mich vor 33 Jahren nach Ihrer Trainingseinheit mit der Nationalmannschaft auf der Anlage der FV Wannsee beim Gehen darauf hingewiesen haben, dass ich meinen Kugelschreiber vergessen hatte.

Für mich war es damals schon ein Beleg dafür, dass Sie weniger abgehoben sind als es Ihr Bild in der Öffentlichkeit vermuten lässt – und eben doch noch etwas von dem Jungen aus München-Giesing haben, der einst auszog, um die Fußballwelt zu verändern. Und es nachhaltig geschafft hat.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false