zum Hauptinhalt

Sport: Lobby als Hobby

DSB-Präsident Manfred von Richthofen stellt sich zur Wiederwahl, mit Widerstand muss er nicht rechnen

Bonn. Manfred von Richthofen spitzte die Lippen. „Also, als Erstes muss mal eines klar sein“, sagte er und wandte sich an Peter Rauen, den neuen Vorsitzenden des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, der neben von Richthofen auf dem Podium saß. „Im englischen Parlament würden sich erfahrene Sportpolitiker um den Sport kümmern.“ Pause. Rauen, erst seit wenigen Wochen im Amt und zuvor nur als Finanzpolitiker aufgefallen, sah irritiert zur Seite und schluckte. Von Richthofen lehnte sich zurück und schloss die Lippen. Treffer.

Es ist wohl diese Direktheit, die von Richthofen so viel Respekt einbringt. Seit acht Jahren ist der Berliner nun Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB). Am Anfang seiner politischen Karriere wurde der ehemalige Sportlehrer und langjährige Hockeyspieler noch belächelt als einer, der einen großen Mund hat und damit bestimmt irgendwann auf die Schnauze fallen wird. Doch mittlerweile hat er sich durchgesetzt. Heute tritt der 68-Jährige in Bonn für vier weitere Amtsjahre als DSB-Präsident an, an seiner Wiederwahl besteht kein Zweifel. Manfred von Richthofen ist die unumstrittene Nummer eins des deutschen Sports. Weil er direkt in der Sprache ist. Weil er keine Scheu vor Entscheidungen hat. Und weil er viele Freunde hat – politische Freunde.

„Das Parteibuch eines Politikers ist mir völlig wurscht“, sagt von Richthofen. Er, der zu Zeiten der Studentenrevolte Karriere in der West-Berliner CDU machte und in der Bonner Republik mit Altkanzler Helmut Kohl auf Du und Du stand, telefoniert inzwischen fast jede Woche mit Innenminister Otto Schily, einem Sozialdemokraten, der einst die RAF-Terroristen vor Gericht verteidigte. Und obwohl von Richthofen noch ein CDU-Parteibuch besitzt, hat er kein Problem damit, auf einen Kaffee bei der PDS vorbeizuschauen oder Parlamentarier der Grünen in seine Villa nach Zehlendorf einzuladen. Jeder Kontakt ist ihm recht, wenn er der Sache des Sports dient. Und die Sache des Sports ist längst auch eine Sache des Geldes. „In den nächsten Jahren geht es um die Finanzierung unserer Sportvereine“, sagt von Richthofen. In Zeiten, in denen wegen der Finanznot Schwimmhallen geschlossen werden und Sportplätze verfallen, gibt von Richthofen den Verteilungskämpfer. Er sagt: „Ich habe kein Problem damit, ein einfacher Lobbyist zu sein.“

Natürlich hat Manfred von Richthofen auch Niederlagen erlitten, schmerzhafte sogar. Im Berliner Landessportbund, dem von Richthofen von 1985 bis 2000 als Präsident vorstand, wollte er einen Manager der Dresdner Bank als seinen Nachfolger installieren. Doch gewählt wurde der langjährige Leichtathlet und quirlige Trampolinturner Peter Hanisch. Oder das Nationale Olympische Komitee (NOK): Das wollte von Richthofen im Jahre 1996 mit seinem eigenen Verband zusammenlegen. Der Fusionsversuch scheiterte kläglich, auch weil von Richthofen den beim Reden spröden, aber beim Knüpfen von Beziehungen beharrlichen NOK-Chef Walther Tröger unterschätzt hatte. Das passierte ihm kein zweites Mal. Im November dieses Jahres half von Richthofen hinter den Kulissen mit, den 73-jährigen Tröger beim NOK-Kongress zu entmachten.

Für ihn selbst soll es nicht so zu Ende gehen. Deshalb gönnt sich von Richthofen keine Pause beim Redenhalten auf edlen Empfängen, beim Händeschütteln an den Stammtischen der Vereine. Er demonstriert mit jeder Geste, wie rastlos er mit der Zeit geht. Etwa, wenn er die Hälfte des DSB-Präsidiums mit jungen Leuten besetzt. Oder wenn er von den Chancen für den Sport redet, die die anstehende Gesundheitsreform bietet. Oder die neuen Ganztagsschulen. Oder die Pisastudie zum Sportunterricht. Oder ein weiterer Sportkanal im Fernsehen. Oder, oder, oder. Von Richthofen kann nicht einfach aufhören, er kann nur immer weiter.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false