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Sport: Lust auf Veränderung

Wie Mönchengladbach die Wende schaffen will

Die Stimmung im Trainingslager an der Algarve war bei Borussia Mönchengladbach erstaunlich gut. Dabei saß die Frustration nach der verkorksten Bundesliga-Hinrunde, Tabellenplatz 16 und den unansehnlichen Vorstellungen anstelle des versprochenen attraktiven Fußballs doch eigentlich tief. Aber Jupp Heynckes versuchte, sich optimistisch zu präsentieren. „Ich bin überzeugt, dass wir uns in der Rückrunde anders präsentieren“, sagte der 61 Jahre alte Trainer. Denn: „Mit Veränderungen kann man Neues bewirken.“

Einige Veränderungen ergeben sich bei den Borussen von selbst. Mit Nationalverteidiger Marcell Jansen, der im ersten Testspiel in Portugal gegen den SC Freiburg nach dreimonatiger Verletzungspause sein Comeback feierte, und Kasper Bögelund stehen ihm wieder zwei Außenverteidiger mit Vorwärtsdrang zur Verfügung. Davon verspricht sich Heynckes eine Belebung des Offensivspiels. Die ist bei nur 13 Treffern dringend nötig. „Spielzüge und Laufwege müssen wir uns verstärkt erarbeiten“, sagte Heynckes.

Allein darauf aber will sich der Klub nicht verlassen. Mit Mikkel Thygesen, den Borussia Alemannia Aachen für rund 1,5 Millionen Euro vor der Nase wegschnappte, wurde ein zusätzlicher Offensivmann verpflichtet. Heynckes will den 22-Jährigen als zweiten Angreifer um einen sehr offensiven Stürmer herumspielen lassen. Das sollte der Däne vom FC Midtjylland auch in Aachen, als künftiger Nachfolger von Jan Schlaudraff. „Schlaudraff ist eleganter. Mikkel ist dynamischer, kraftvoller, gradliniger, arbeitet auch gut nach hinten und ist physisch extrem robust“, sagte Heynckes. Den idealen Strafraumstürmer aber besitzt Mönchengladbach immer noch nicht. „Wir verpflichten keinen Stürmer um jeden Preis“, sagte Peter Pander, nachdem sein Favorit Kepa Blanco Gonzales vom FC Sevilla lieber zu Charlton Athletic gewechselt hat.

Das Zögern auf dem Transfermarkt hat der Manager schon mal bereuen müssen, als er vor der Saison auf die Verpflichtung eines dritten routinierten Innenverteidigers verzichtete und dann nach Verletzungen beim Personal auf den erst 19 Jahre alten Tobias Levels setzen musste, der sich einige Fehler leistete. Das Versäumnis machte Pander nun wett und verpflichtete Abwehrrecke Steve Gohouri. Der Nationalverteidiger von der Elfenbeinküste imponierte im Trainingslager an der Algarve mit Zweikampf- und Kopfballstärke. Die Probleme in der Spieleröffnung wird der Modellathlet allerdings auch nicht beheben können.

„Mehr Spielkultur, mehr Aggressivität, mehr Qualität, mehr Konkurrenzkampf“ hatte Heynckes während des Trainingslagers ausgemacht. Seine schwierigste Aufgabe wird es nun sein, eine Mannschaft zu formen. Die war in der Hinrunde nicht zu sehen. Verletzungen und seine Rotationslust kamen zum ohnehin vorhandenen Mangel an Führungsspielern hinzu. „Für die Mannschaft ist es am besten, wenn wir ein klares Spielsystem haben und dies nur noch in Nuancen modifizieren“, findet der Trainer. „Es ist wichtig, dass wir eine Mannschaft finden.“ Das wird nicht einfach sein angesichts der größeren Konkurrenz im erneut erweiterten Kader.

Da trifft es sich gut, dass die Mönchengladbacher mit dem Holländer Jos Luhukay einen Kotrainer verpflichtet haben, der allenthalben wegen seiner Nettigkeit gelobt wird und dem dank seiner fachlichen Qualitäten zugetraut wird, aus der Ansammlung von inzwischen frustrierten, verunsicherten und unerfahrenen Spielern eine Einheit zu formen. Der neue Kotrainer will den angeknockten Profis neue „Lust und Freude am Training und ihrem Beruf vermitteln. Nur so kann man ihre Leistungsstärke ausschöpfen.“ Dass der ehemalige Assistent von Friedhelm Funkel, Huub Stevens und Marcel Koller beim 1. FC Köln obendrein eine Option auf das Erbe von Jupp Heynckes ist, lässt seine Verpflichtung beinah zum genialen Schachzug werden.

Bernd Schneiders[Alvor]

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