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Klubchef Bernd Hoffmann (links) und HSV-Präsident Marcell Jansen sollen nur selten einer Meinung sein.

© imago images/Sven Simon

Machtkampf beim Hamburger SV: Jeder in der Klubführung verfolgt seine eigenen Interessen

Der HSV-Vorstandschef Bernd Hoffmann steht in der Kritik. Er hat viele Gegner. Und im Hintergrund zieht Investor Klaus-Michael Kühne die Fäden.

Hinter den Kulissen ist beim Hamburger Sport-Verein ein erbitterter Machtkampf ausgebrochen. In der vergangenen Woche trafen sich die zehn wichtigsten Männer des Klubs zu einer sechsstündigen Sitzung, um vor allem über die Konsequenzen der Coronavirus-Krise und eine Frage zu beraten: Kann der HSV, der seit 2011 Bilanzverluste in Höhe von 74 Millionen Euro angehäuft hat und auf die Hilfe seines Investors Klaus-Michael Kühne angewiesen war, den Crash ohne Weiteres überstehen?

Laut Finanzvorstand Frank Wettstein ist die Liquidität zumindest bis zum Sommer gesichert und die Lizenz für die ersten beiden Profiligen nicht in Gefahr – trotz eines prognostizierten Schadens von bis zu 20 Millionen Euro. Unklar ist nach der längsten Krisensitzung der jüngeren Vereinsgeschichte allerdings, wer den Klub zukünftig führen soll. Denn Wettstein erklärte den Kontrolleuren des Vereins nicht nur die Zahlen, sondern vor allem, dass es in dieser Konstellation im Vorstand nicht mehr weitergehen könne.

Investor Kühne mischt weiter kräftig mit

Der HSV hat mitten in der weltweiten Krise mal wieder mit seinem ganz eigenen Virus zu kämpfen, das mindestens einmal im Jahr personelle Konsequenzen fordert. Diesmal geht es um den Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann. Die Gemengelage in der Führungsetage ist kompliziert. Hoffmann stehen in erster Linie seine beiden Vorstandskollegen Wettstein, einem Vertrauten des Investors Kühne, und Sportchef Jonas Boldt gegenüber. Beide werfen ihm Kompetenzüberschreitungen und Alleingänge vor, die zu erheblichen atmosphärischen Störungen beigetragen haben sollen. Diese Differenzen sind in den vergangenen Wochen von einigen Medien offengelegt worden. Überhaupt ist so einiges, was im Verborgenen besprochen wurde, in Zeitungen und Blogs detailgenau nachzulesen. Beim HSV ist das stets ein Zeichen für bevorstehende Veränderungen. Auch diesmal spielt der Investor Kühne dabei eine gewichtige Rolle.

Seit Hoffmann vor zwei Jahren zum HSV zurückgekehrt ist, versucht er den Verein unabhängiger vom Geld seines Gönners zu machen. Das hat den 82-Jährigen, der über 20 Prozent der Aktien an der HSV Fußball AG hält, mächtig verstimmt. Im Aufsichtsrat hat er noch mindestens drei weitere Verbündete, die seinem Kurs gegen Hoffmann folgen: Vereinspräsident Marcell Jansen, seinen persönlichen Vertreter Markus Frömming und Michael Krall.

Doch die Hoffmann-Gegner eint nicht nur das Misstrauen gegen den Vorstandsvorsitzenden, jeder hat auch persönliche Interessen. Jansen will irgendwann selbst die Nummer eins beim HSV sein, Wettstein hat es vor zwei Jahren schon versucht, während Frömming ebenfalls vom Aufsichtsrat in den Vorstand aufrücken will. Dazu müsste jedoch ein zusätzlicher, vierter Posten in der Geschäftsführung geschaffen werden.

Die nächsten Personalwechsel stehen wohl im Sommer an

Wenn sich der HSV neu sortieren und Hoffmann rauskicken würde, wären die Chancen auf neue finanzielle Unterstützung von Kühne wieder größer. Aber ist es wirklich eine so gute Idee, sich in der Krise komplett dem Investor auszuliefern? Seit Kühne beim HSV mitmischt, geht es trotz umfangreicher Finanzspritzen nur noch bergab. Er selbst hat einen erheblichen Anteil daran, weil er dem Klub immer nur gerade so viel Geld zur Verfügung stellte, damit er sich über Wasser halten kann. Seine in den letzten Jahren intern und extern geäußerten Personalwünsche haben sich regelmäßig als Flops herausgestellt. Jetzt will er Jansen an der Spitze des HSV sehen.

Hoffmanns Trumpf in diesem Machtkampf ist, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Max-Arnold Köttgen zu seinen Unterstützern gehört. Er hat beiden Lagern im Klub deutlich gemacht, dass es für Grabenkämpfe in dieser Phase keinen Platz gibt. Trotzdem scheint schon jetzt klar zu sein: Spätestens im Sommer muss der Aufsichtsrat Konsequenzen ziehen. Wieder einmal.

Daniel Jovanov

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