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Sport: „Mädels und Sport – das geht“

Felix Neureuther über die Schwächen deutscher Skifahrer und Siege aus eigener Kraft

Herr Neureuther, in Kitzbühel haben Sie sich mit der Laufbestzeit im zweiten Durchgang auf Platz zwölf vorgearbeitet, und wieder ein überraschend gutes Ergebnis nach Flachau und Madonna di Campiglio abgeliefert. Wie erklären Sie sich Ihr erfolgreiches Jahr?

Man kann das nicht wirklich erklären, aber hier in Kitzbühel zu fahren ist was Besonderes. Es ist eine großartige Kulisse, wenn dir 50 000 Leute zuschauen, das macht Spaß.

Ihr Vater hat vor 25 Jahren dieses Rennen gewonnen. Wie lange dauert es bei Ihnen noch?

Mal langsam. Es gibt noch viel aufzuholen – im Kraftbereich, von der Rückenstabilität her, auch die Abstimmung mit dem Material, da braucht man Erfahrung. Die habe ich noch nicht. Aber wenn mir ein Lauf hundertprozentig aufgeht, kann ich in jedem Fall vorne hineinfahren. Und wenn ich mir die Läufe anschaue, hier in Kitzbühel oder vor einem Jahr bei der WM in St. Moritz, wo ich im zweiten Durchgang mit einer niedrigen Startnummer fahren konnte, merke ich, dass ich nicht mehr so weit weg bin von der Weltspitze. Mit einer Startnummer eins oder zwei geht einfach mehr als mit 40 oder 50.

Sie sind der einzige deutsche Skifahrer, der unter die Top Ten fahren kann. Auch aus dem Nachwuchs drängt niemand nach. Was ist bei Ihnen anders als bei den anderen?

Ich bin durch meine Eltern schon früh zum Skifahren gekommen. Sicher, da gab’s mal die Entscheidung, ob ich lieber Ski fahren oder kicken will, schließlich war ich im Fußball in der Bayern-Auswahl. Aber ich wollte Ski fahren, und ich habe es nicht bereut.

Bei einem Österreicher würde man diese Entscheidung verstehen. Aber bei einem Deutschen?

Also ein Niemand bist du auch in Deutschland als guter Wintersportler nicht. Ich glaube nicht, dass der Stellenwert der Skifahrer in Deutschland so gering sein muss, wie er vielleicht im Moment ist. Wir brauchen einen Spitzenfahrer, und es klappt wieder. Dann gibt es einen Boom. Schauen Sie sich die Skispringer an, den Martin Schmitt oder den Sven Hannawald! Für mich hat immer gegolten: Wenn ich mich für etwas entscheide, mache ich das mit vollem Einsatz.

Der Ehrgeiz fehlt vielleicht bei manchen anderen Fahrern…

Aber ich hab den Einsatz, ich mag da ganz nach oben. Darum werde ich das auch schaffen. Außerdem ist Skifahren ein Einzelsport. Du kannst alles mit eigener Kraft schaffen.

Ihr neuer Cheftrainer, der Österreicher Werner Margreiter, hat gesagt, er verstünde nicht, warum die Kinder, die zehn Kilometer hinter der österreichischen Grenze in Bayern aufwachsen, als Erwachsene so viel langsamer fahren als die Österreicher. Verstehen Sie das?

Zum einen ist Österreich sicher eine skiverrückte Nation. In Deutschland gibt es da eine ganz andere Mentalität: Da gibt’s dann mit 15, 16 die Mädels und die Partys, auf die wollen die meisten nicht verzichten. Dabei kann man auch, wenn man das Training ernst nimmt, eine Freundin haben und ab und zu in die Disko gehen, aber halt nicht immer.

Trainieren die Deutschen schlechter?

Im Kinder- und im Schulbereich sind wir gleich gut wie die Österreicher, nur beim Sprung in die Jugend verlieren wir meist den Anschluss. Das liegt wohl am Konkurrenzdruck: Wenn du als Österreicher bei einem Jugendrennen hinten bist, kannst du dir die Karriere ausmalen, weil du draußen bist aus der Mannschaft. In Deutschland kriegst du nach einem schlechten Rennen eine zweite Chance, dann noch eine und noch eine.

Sie fahren im Moment nur Slalom und hin und wieder Riesenslalom. Haben Sie noch Angst vor den schnellen Disziplinen?

Nein, im Gegenteil. Die Trainer haben mich nur bisher nicht starten lassen, weil sie glauben, es wäre für meine Technik zu riskant und zu brutal. Ich könnte mich nur verletzen. Aber es eilt nicht. Die Spitzenabfahrer sind alle über 30 Jahre alt. Ich habe also Zeit. Und eines weiß ich: Auf der Streif fahre ich mit Sicherheit einmal hinunter.

Das Gespräch führte Markus Huber.

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