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Sport: Man spielt deutsch

Warum die Eisbären für weniger Ausländer in der Eishockey-Liga plädieren

Berlin - Der Wettbewerb heißt „Deutscher Eishockey-Pokal“. Aber was sich die Eisbären im Halbfinalspiel in der Kölnarena geleistet haben, war eine „Unverschämtheit“, findet Gernot Tripcke, Geschäftsführer der Deutschen Eishockey- Liga (DEL). Der Meister hatte sich erdreistet, bei den Kölner Haien mit jungen deutschen Spielern aufzulaufen und seine erfahrenen ausländischen Profis zu Hause zu lassen. „Die Zuschauer haben gepfiffen, als die Eisbären aufs Eis kamen“, erzählt Tripcke. Diese Schilderung stößt in Berlin nicht auf Gegenliebe. „Ich habe Herrn Tripcke nicht im Stadion gesehen“, sagt Eisbären-Manager Peter John Lee. „Außerdem haben wir nur 1:2 verloren.“

Die Unverschämtheit von Köln war für die Eisbären keine. Die Berliner fordern eine neue Selbstbeschränkung bei der Zahl der Ausländer in der DEL: Bislang liegt sie bei zwölf Profis pro Kader, elf dürfen davon unter 22 Akteuren auf dem Spielberichtsbogen auftauchen. Lee könnte sich nur noch fünf Ausländer pro Team vorstellen. Diese Idee hat die DEL mehr erschreckt denn erfreut. „Das ist nicht realisierbar, so viele gute Deutsche gibt es nicht“, sagt Tripcke. „Außerdem sind über die Hälfte der Spieler in der Liga Deutsche.“ Allerdings sind die deutschen Profis selten die, die in wichtigen Spielsituationen oder auf prominenten Positionen eingesetzt werden. Unter den zehn Topscorern der DEL findet sich mit Daniel Kreutzer (DEG) nur ein Deutscher. Mit Hannover und Berlin haben gerade zwei Klubs einen deutschen ersten Torhüter. Gute junge Spieler würden zu wenig Chancen bekommen, sich zu entwickeln, sagt Lee. „Kreutzer wäre heute nicht so gut, wenn ihn sein ehemaliger Trainer Hans Zach nicht gefördert hätte.“

Neben Köln und Mannheim investieren die Berliner seit Jahren intensiv in ihren Nachwuchs, leisten sich ein Reserveteam in der dritten Liga, mit wachsendem Erfolg: Über 20 Berliner spielen in Nachwuchsnationalmannschaften, immer mehr Spieler der Eisbären Juniors schaffen den Sprung in die DEL. André Rankel zum Beispiel gehört mit 21 Jahren längst zum Stammpersonal im DEL-Team und hat diese Saison schon elf Tore geschossen. „Meine Einsätze im Oberliga-Team haben mir viel Selbstbewusstsein gegeben, dort musste ich als junger Spieler Verantwortung übernehmen“, sagt er. „Das hilft mir nun enorm in der DEL.“

Der Berliner Weg werde Deutschland helfen, wettbewerbsfähiger zu werden, sagt Pierre Pagé – wenn andere Klubs dem Beispiel Eisbären nacheifern würden. „Das Ziel der deutschen Nationalmannschaft muss eine Medaille bei einer WM sein“, sagt der Trainer der Eisbären. Eine hehre Forderung im deutschen Eishockey, in dem seit dem Gewinn der olympischen Bronzemedaille von 1976 eher wenig loswar. Nach Pleiten gegen Kasachstan und Dänemark stürzte Deutschland bei der WM 2005 sogar in die Zweitklassigkeit ab. 2006 folgte zwar der Aufstieg, doch der ehemalige Bundestrainer Greg Poss hat sich nach dem WM-Desaster von Österreich 2005 zu Adler Mannheim verabschiedet. Beim DEL-Klub setzt Poss nun vor allem auf Ausländer. Die Medien hätten seinem Klub „den Druck auferlegt, erfolgreich zu sein“, sagt Mannheims Manager Marcus Kuhl. „Das geht unserer Meinung nach am besten mit einem stabilen Team.“

Pierre Pagé findet, dass sich Ausbildung und Erfolg nicht ausschließen. Die Eisbären hätten es mit zwei Meistertiteln bewiesen. Tatsächlich aber spielt bei vielen DEL-Klubs die Nachwuchsabteilung kaum eine Rolle. „Bei uns könnte da quasi jeder mitspielen“, sagt Dieter Hegen, Trainer beim EV Duisburg. Trotzdem werde sein Klub künftig mehr auf Deutsche setzen. „Denn es gibt genug deutsche Spieler, die in die DEL wollen. Wir sollten in der DEL schon auf neun oder acht Ausländer pro Team runtergehen.“ Davon will Tripcke nichts hören. „Im kommenden Jahr wird die Liga wohl auf 15 Klubs anwachsen, da gibt es dann 15 neue Arbeitsplätze für deutsche Spieler“, hat der DEL-Geschäftsführer ausgerechnet.

So einfach werden sich die Eisbären nicht vertrösten lassen, sagt Manager Lee. „Die Junioren-Nationalmannschaft ist bei der WM trotz guter Leistungen abgestiegen. Es muss sich etwas ändern“, sagt der Kanadier Lee. „Aber das ist das Problem im deutschen Eishockey: Wenn du etwas ändern willst, läufst du gegen eine Wand.“

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