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© AFP

Manchester City: Ein Retter in Not

Thailands Expremier Thaksin Shinawatra kauft Manchester City – daheim ist er wegen Korruption angeklagt.

Noch so einer. Noch so ein Milliardär aus der Ferne, der einen britischen Fußballklub kauft. Der Thailänder Thaksin Shinawatra hat bei Manchester City 74,03 Prozent der Anteile übernommen. Sollte er noch ein Prozent ergattern, kann Thaksin den Verein von der Börse nehmen, dann ist es sein privater Fußballklub. Im Prinzip sind die Briten so etwas gewohnt. Mit Manchester City geht der achte Erstligist in ausländischen Besitz. Aber recht akzeptablen Geschäftsleuten aus den USA, Russland, Island, Ägypten und Frankreich folgt nun ein umstrittener Investor.

Menschenrechtler hassen Thaksin. Er war Ministerpräsident von Thailand und hatte erreicht, dass 2300 Drogenhändler ohne Verfahren erschossen wurden. „Ist das Leben dieser Schufte etwa wertvoller als das unserer Polizisten?“, fragte er. Bislang spricht in England niemand darüber. Wohl aber über die Korruptionsklage, die Thaksin in Thailand am Hals hat. Er soll am 14. August zum Prozess in Bangkok erscheinen und will nicht hingehen.

Die Premier League muss noch bescheinigen, dass Thaksin eine „fähige und anständige“ Person ist. Erst dann darf er in den Kreis der Klubbesitzer. „Es ist schwierig zu verstehen, wie jemand, der auf der Flucht vor der Justiz ist, anständig sein könnte“, sagt der britische Politiker Hugh Robertson. Aber nicht Politiker, sondern Klubbesitzer haben das Sagen in der Premier League. Thaksin bringt umgerechnet mehr als 100 Millionen Euro mit. Manchester City hat Schulden. Der Retter dürfte willkommen sein.

Kleine Statur, entschlossener Blick, strenger Seitenscheitel: Thaksin Shinawatra ist ein selbstbewusster Mann. Ja, er lächelt gerne mild. Seine Vorväter stammen aus China, und das spürt man. Thaksin ist kein typischer Thai, er schätzt Tatendrang mehr als Zurückhaltung. Polizist, Medien-Mogul, Parteigründer, Ministerpräsident – viel steiler kann eine Karriere nicht sein. Anfang der Neunzigerjahre gehören ihm Firmen, die Thailands Telekom- und Medienmarkt dominieren. Thaksin besitzt eine Bank und vier Satelliten. Was er in der Geschäftswelt schafft, wiederholt Thaksin in der Politik. 1994 Außenminister, 1996 Vizepremier, 2001 Premier, 2005 wiedergewählt mit Zweidrittelmehrheit – Thaksin ist beliebt wie ein Rockstar. Er hat jedem Dorf einen Staatskredit gegeben und Arztbesuche für alle Thais erschwinglich gemacht.

Thaksin bringt – auch das trägt zur Popularität bei – die britische Premier League ins fußballverrückte Thailand. Erst durch Rechtekauf ins Fernsehen, und dann ins Stadion. Manchester United, Everton, Bolton und Manchester City bestreiten Freundschaftsspiele in Bangkok. Thaksin will mehr, versucht, den FC Fulham zu kaufen. Es klappt nicht. Dann die Idee, den Staat Thailand und seine Bürger zu Mitbesitzern des FC Liverpool zu machen. Lose einer „Liverpool-Lotterie“ sollen 200 Millionen Euro einbringen, die Hälfte davon würde in Form von Geldpreisen ausgeschüttet, der Rest für die thailändische Beteiligung an Liverpool benutzt. „Wer mit seinem Los kein Geld gewinnt, hat zumindest das Gefühl, ein Stückchen Liverpool gekauft zu haben“, verkündet Thaksin. Liverpool sagt ab.

Im Januar 2006 verkauft Thaksin seine während der Regierungszeit wundersam gewachsenen Firmen für 1,85 Milliarden US-Dollar an den Staat Singapur. Eine Gesetzesänderung hatte den Verkauf ins Ausland ermöglicht, durch Schlupflöcher bleibt die Einnahme steuerfrei. Dass plötzlich Singapur Thailands Telekom-Sektor samt Satelliten kontrolliert und Premier Thaksin keine Steuern zahlt, bringt Hunderttausende auf die Straße. „Thaksin ist durch Verrat am Land reich geworden. Er ist ein Dieb und muss weg“, ruft der frühere Innenminister Sanoh Thienthong Demonstranten zu. Thaksins viele treue Anhänger gehen ebenfalls auf die Straße.

Das Militär beendet den Machtkampf im September mit einem unblutigen Putsch, just als Thaksin in New York ist, um vor der UN-Vollversammlung zu sprechen. Er bleibt im Exil. Die Generäle ernennen Richter, die Thaksins Partei auflösen. Korruptionsklage wird erhoben, Konten mit 1,5 Milliarden Dollar Guthaben gesperrt. Zunächst geht es vor Gericht um ein Stück Land, das Thaksin ergaunert haben soll. Er will sich nicht der Justiz einer Militärregierung stellen. „Was da läuft, ist politisch motiviert“, sagt sein Anwalt.

Kontensperrung hin oder her – Thaksin ist scheinbar immer noch flüssig. Jedenfalls flüssig genug, um Manchester City zu kaufen. Sein Geld, beteuert er, sei sauber: „Ich habe es in 20 Jahren verdient. Ist das unmoralisch?“

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