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Blick nach oben: Was können die Berliner theoretisch und praktisch in dieser Saison noch erreichen?

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Marcel Reifs Kolumne: Hertha BSC: Der Geruch von Konstanz, Überlegung und Plan

In seiner wöchentlichen Kolumne beschäftigt sich Marcel Reif in dieser Ausgabe mit dem Geruch und den Aussichten von Hertha BSC - und erklärt die Lehre von Manager Michael Preetz für beendet.

Man könnte natürlich jetzt mäkeln. Könnte sagen, dass erst ein Viertel der Saison gespielt ist, dass also noch drei Viertel ausstehen. Und dass in dieser Zeit noch viel passieren kann. Zum Beispiel kann Bundesliga-Aufsteiger Hertha BSC theoretisch noch durchgereicht werden und am Ende wieder in die Zweite Liga absteigen. Theoretisch ist das möglich. Aber theoretisch war es auch möglich, dass die Berliner nach einem Viertel der Saison auf Platz vier der Bundesliga liegen. Nur praktisch? Hätte damit irgendeiner gerechnet? Eher nicht.

Aber es sollte auch niemand behaupten, dass das Zufall ist, Glück, ein besonderer Umstand. Die stehen nicht zufällig da, wo sie stehen, die Berliner. Dass Hertha kein Aufsteiger ist, wie es Eintracht Braunschweig ist, war schon vor der Saison klar. Hertha hat sich eine Saison lang verirrt und ist nun wieder zurückgekehrt. Und zwar mit einem Plan. Der Plan, der heißt Jos Luhukay. Der hat mal in Augsburg gepasst wie Deckel auf Eimer. Aber dass er auch in Berlin stimmig ist, war das zu erwarten?

Marcel Reif
Marcel Reif. TV-Reporter und Tagesspiegel-Kolumnist.

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Luhukay ist so wenig Berlin, wie es sich gerade noch denken lässt. Ob sich Platz vier behaupten lässt, sei dahingestellt. Aber dass Luhukay der richtige Mann am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt ist, das steht außer Frage. Er kam zu einem Zeitpunkt, an dem selbst Berlin die traditionelle Großspurigkeit der Hertha zu viel wurde, als die Hertha nervte mit Eskapaden und Ausflügen in den Irrsinn. Erinnert sich noch jemand an Babbel, Skibbe, Rehhagel, Funkel? Fast nicht mehr. Weil Luhukay einfach die Arbeit macht, die gemacht werden muss. Ruhig, sachlich, nüchtern analysierend.

Es ist dabei auch Michael Preetz zu erwähnen, der Vielgescholtene der Vergangenheit. Wer weiß, vielleicht waren ja all die Fehler der Vergangenheit wirklich nur Irrtümer eines Lehrbuben, der es einfach noch nicht besser kann, weil er ja noch zur Lehre geht. Was Preetz jetzt geleistet hat, kommt auf jeden Fall einem Meisterbrief gleich.

Was die beiden geschafft haben, mag unspektakulär wirken, so unspektakulär, wie die Mannschaft ohne wirklich herausragenden Star auftritt. Aber sie gehen den richtigen Weg, den einzig gangbaren. Und der riecht nach Konstanz, nach Überlegung und Plan. Eine Niederlage in München bedeutet dabei nichts, nichts und wieder nichts. Besteht die Gefahr, dass Berlin sich wieder größenwahnsinnig zeigt? Ich sehe sie nicht. Luhukay neigt nicht dazu. Er ist eben wirklich so etwas von wenig Berlin. Es ist wohl so, dass der Hauptstadtklub genau so etwas braucht.

Der Autor Marcel Reif ist Sky-Chefkommentator.

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