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Marcel Reif: TV-Reporter und Tagesspiegel-Kolumnist.

© dpa

Marcel Reifs Kolumne: Servus Raul

Unser Kolumnist Marcel Reif verabschiedet mit Raul einen Spieler, der nicht nur absolute sportliche Klasse verkörpert, sondern auch neben dem Platz mit seiner menschlichen Größe ohne viel Getöse zu begeistern weiß.

Und noch ein Abschied ist zu nehmen. Ein Herr geht, der Señor Raul Gonzalez Blanco. Und dies ist ein sehr stilvoller, würdevoller Abschied, und ein trauriger Abschied ist es auch, weil die Bundesliga nun um einiges ärmer ist. Señor Raul Gonzalez Blanco hat in seiner langen Zeit als Fußballspieler so ziemlich alles gewonnen, was man als Fußballspieler gewinnen kann, mehr als viele Klubs in ihrer gesamten Vereinshistorie. Neben all den vielen offiziellen Titeln, die allesamt aufzuzählen den Rahmen dieser Kolumne sprengen würde, hat er, wo er auch auftrat die Herzen gewonnen. Kapitän bei Real Madrid, das wird man nicht nur aus einer Laune eines Trainers heraus, das Amt ist bei Real weit mehr als anderswo eine Ehrbezeugung. Raul diente diesem Amt sieben lange Jahre. Und auch die Nummer Sieben, die Raul auf dem königlichen Trikot trug, ist nicht einfach nur eine Rückennummer. Auch sie hat etwas mythisches, vor Raul trug sie Emilio Butragueno und vor dem Juanito, beide legendär.

Und dann ging Raul vor zwei Jahren vom Hofe, verließ den Klub, für den er seit 1992 tätig war. Er ging, er wurde nicht vom Hofe gejagt, er ging, weil auch er einmal durch eine Stadt spazieren wollte, ohne einen Menschenauflauf zu produzieren. Als er ging, weinte Madrid. So wie auch – wenn die Gleichsetzung in diesem einen Fall gestattet ist – so wie auch Gelsenkirchen weinte. Auch auf Schalke hat Raul die Herzen gewonnen, und das ist für einen, der aus einer vornehmeren Welt kommt, dort besonders schwer. Für Raul war es das nicht, weil er sich nicht erhoben hat über die überbordende Folklore, über die Malocher und die Darsteller von Malochern. Sehr unprätentiös hat er das gemacht, sehr unaufgeregt, er hat sich eingereiht, hat nichts umgekrempelt, nichts revolutioniert, sondern einfach der ganzen Romantik von Schalke den Hauch von Klasse zugefügt.

Die Verabschiedung von Raul, Ballack und Co. in Bildern

Noch etwas, was für Raul spricht, es mag eine Petitesse sein, aber auch sie charakterisiert ihn: Raul ist seit 1999 verheiratet, hat vier Söhne, eine Tochter. Ein Bild von ihm, dass ihn in einer lauten Pose zeigt, das einen Exzess in der Nacht bezeugt, das existiert nicht. Und das ist es doch, dass ihn herausragen lässt, das tröstlich ist: Die Korrektur des falschen Eindrucks, Fußballspieler müssten heute lauthalsige Egozentriker sein. Müssen sie nicht, muss im Übrigen auch kein Trainer sein. Nicht die Balotellis dieser Fußballwelt sind deren Nabel, auch eben nicht die Mourinhos. Es sind Spieler wie Raul Gonzalez Blanco und Trainer wie Jupp Heynckes, die den Beweis erbringen, dass Fußball nicht anrüchig ist, nicht krakelig, sondern seriös und klassisch voller Qualität. Möge Jupp Heynckes der Liga noch ein Weilchen erhalten bleiben und weiter dieses Zeichen setzen, das Raul bei Schalke und in der gesamten Bundesliga gesetzt hat. Ein Herr geht, gracias Señor Raul Gonzalez Blanco.

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