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Der deutsche Clasico: Ein Duell auf Augenhöhe.

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Marcel Reifs Kolumne zum deutschen Clasico: Spanische oder schottische Verhältnisse?

Marcel Reif beschäftigt sich in dieser Woche natürlich mit dem Spitzenspiel der Bundesliga zwischen Borussia Dortmund und Bayern München, dem Deutschen Clasico - und der Rolle die Jogi Löw darin spielt.

Wenn es denn grandios wird, nehmen wir gerne mal Anleihen von woanders: Clasico! Ah, Clasico! Oh, Clasico! Das klingt doch gleich bombastisch. Und das ist es doch auch. Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München, noch mal, und alle: Clasico. 207 Länder haben das Spiel übertragen. Nur Pakistani und Nordkoreaner konnten nicht zusehen, wie zwei deutsche Bundesliga-Mannschaften um drei Bundesliga-Punkte feilschen.

Nun gut, es waren nicht einfach zwei Bundesliga-Teams, es waren auch nicht nur drei Punkte. Es waren die beiden Teams, die das Finale des wichtigsten und anspruchvollsten Fußballereignisses weltweit bestritten haben: Das Finale der Champions League. Damit sind beide Teams derzeit das Maß aller Dinge im Fußball, sie sind es nicht zufällig. Und legen dabei auch möglicherweise die Zukunft der deutschen Fußballverhältnisse fest.

Dass die Bayern ein Alleinstellungsmerkmal haben, ist klar

Nach dem ziemlich deutlichen Sieg der Bayern in Dortmund könnten die Verhältnisse noch über die in Spanien hinausgehen, wo die beiden Mütter des Clasico, Barcelona und Real Madrid gegenseitig aufeinander eindreschen und der Rest der Liga lediglich artig Spalier steht. Um es klar und wenig erfreulich zu sagen: Es droht nun eine schottische Konstellation. Da gab es auch mal zwei, die zwei aus Glasgow, die sich beharkten bis aufs Blut. Bis sich der eine finanziell übernahm und Celtic nun mit sich alleine spielt. Nicht, dass sich der BVB und die Bayern bis aufs Blut beharken, aber dass die Bayern ein Alleinstellungsmerkmal haben, dürfte nun auch klar sein. Schottische Verhältnisse, ein Team , das sich konkurrenzlos abhebt vom Rest der Liga, das ist nicht schön.

Marcel Reif
Marcel Reif. TV-Reporter und Tagesspiegel-Kolumnist.

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Dortmund machte auf Understatement

Was nun das Miteinander beider angeht. Nun, wer den Platzhirsch herausfordert ist immer erst mal der Zweite. Insofern ist es ganz okay, dass die Dortmunder immer mal wieder auf Understatement machten. Wie man sieht, hatten sie recht. Dass dann auch der Bundestrainer Löw zwischen die Stühle geriet, auch das ist unstrittig und selbstverständlich. Das macht aber nichts, und wenn der Bundestrainer testen will für die Weltmeisterschaft, dann ist das nicht nur sein Recht, dann ist das seine Pflicht. Hallo, ihr Lamentierer! Wir wollen doch Weltmeister werden, oder nicht! Und was hätten die Spieler wohl sonst am Dienstag gemacht, als in London Fußball gespielt wurde? Fußball gespielt.

War Löw gut beraten, Neuer und Lahm nach München zu entlassen?

Ob allerdings Löw wirklich gut beraten war, die Bayern Neuer und Lahm nach München zu entlassen, darüber muss man nicht einmal streiten. Damit liefert er den Dortmundern ein Alibi für die Niederlage. Unnötig. Man muss auch nicht streiten über die Unsinnigkeit der Aussage von Thomas Müller, der Ausfall von Franck Ribery sei gleichzusetzen mit dem Ausfall von vier Dortmunder Abwehrspielern. Müller begibt sich in die gefährlichen Gefilde der Arroganz und der Verächtlichmachung. Und nebenbei ist solches Benehmen eines Spiels unwürdig, dass sich Clasico nennen möchte und dies doch auch verdient hat. Zumindest in der jüngsten Vergangenheit. Ob noch in Zukunft. Vielleicht benennt sich der FC Bayern bald um: Celtic München.     

Marcel Reif ist Sky-Chefkommentator.

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