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Sport: Marcelinho BSC

Der Brasilianer schießt Hertha BSC gegen Nürnberg nach 0:1-Rückstand noch zum 2:1-Sieg

Von Stefan Hermanns

Berlin. Es war Mitte der zweiten Halbzeit, als die Anhänger aus Nürnberg ein bekanntes Liedchen in neuem Zusammenhang präsentierten. „Ihr werdet nie Deutscher Meister“, sangen die FCN-Fans. Normalerweise heißt der Adressat dieser bösen Weise Bayer Leverkusen, diesmal galt der Vortrag jedoch den Spielern des Berliner Fußball-Bundesligisten Hertha BSC. Auch Hertha hat hohe Ansprüche, inklusive Meisterschaft irgendwann, doch als Nürnbergs Anhang sein Lied intonierte, führte der Gast aus dem Frankenland im Berliner Olympiastadion 1:0. „Wir haben die Möglichkeit gehabt, hier zu gewinnen“, sagte Nürnbergs Torhüter Darius Kampa. Dass dies nicht geschah, den Herthanern im Gegenteil sogar ein 2:1-Sieg glückte, hatte nur einen Grund: Marcelinho.

Der Brasilianer erzielte in der Schlussviertelstunde die beiden Tore für die Berliner, nachdem seine Kollegen zuvor beste Möglichkeiten in Serie ungenutzt gelassen hatten. Allein Kapitän Michael Preetz scheiterte in der zweiten Hälfte dreimal; zudem wurde ein reguläres Tor, das Preetz kurz vor dem Nürnberger Führungstreffer mit der Hacke erzielt hatte, wegen angeblicher Abseitsposition nicht anerkannt. „Wir spielen eine Chance nach der anderen raus“, sagte Herthas Mittelfeldspieler Andreas Neuendorf. „Irgendwann denkst du: Einer muss doch mal rein.“

Nürnbergs Trainer Klaus Augenthaler klagte hinterher, dass seine Mannschaft das Spiel „eigentlich hergeschenkt“ habe. Vor dem 1:1 stolperte der eingewechselte Dieter Frey Marcelinho den Ball im Strafraum vor die Füße; vor dem 1:2 vertändelte erneut Frey den Ball in Herthas Hälfte. Nürnbergs Torhüter Kampa bemängelte: „Wir haben zu schnell angefangen, die Dinger nach vorne zu schlagen, und dann haben die nun mal auch einen da drin, der ab und zu mal was Geniales macht.“

Marcelinho eben, Herthas Herz, Kopf und Lunge. Auch gegen den 1. FC Nürnberg wirkte der Brasilianer – wie überhaupt in dieser Saison – zwar nicht so stark wie im vergangenen Jahr, aber einen außergewöhnlichen Spieler mit dem gewissen Etwas zeichnet gerade das aus: dass er immer dann, wenn es wirklich darauf ankommt, die Dinge macht, auf die es wirklich ankommt. Wie schon in der vorigen Saison ist Marcelinho auch jetzt wieder Herthas bester Torschütze. Viermal hat er selbst getroffen, zwei Treffer hat er vorbereitet, damit war der Brasilianer an zwei Drittel der neun Berliner Tore beteiligt.

Nach der speziellen Berliner Relativitätstheorie ist Hertha BSC immer nur dann gut, wenn Marcelinho gut ist. Und umgekehrt. „Da muss ich energisch widersprechen“, sagte Manager Dieter Hoeneß. „Wir werden den Beweis schon noch antreten, dass es anders ist.“ Das Argument zur Untermauerung seiner Antithese klang allerdings nur bedingt überzeugend: „Wenn die anderen Spieler ihre Chancen genutzt hätten, hätten wir Marcelinhos Tore gar nicht mehr gebraucht.“

Im Moment aber braucht Hertha BSC Marcelinho und seine Tore, zumal Manager Hoeneß kritisch anmerkte: „Das Spielerische kommt etwas zu kurz.“ Möglicherweise ist das momentan eine Frage der Psyche. „Uns fehlt mal ein 4:1 oder ein 4:0“, sagte Andreas Neuendorf. Ein deutlicher Sieg eben, der die flatternden Nerven zeitig beruhigt. Stattdessen quälen sich die Berliner zu dürftigen Erfolgen, zu einem 1:0 in letzter Minute gegen den FC Aberdeen oder eben zu einem 2:1 gegen den 1. FC Nürnberg. „Wir müssen zufrieden sein mit den drei Punkten“, sagte Herthas Trainer Huub Stevens.

Es gibt in der Tat Schlimmeres, und „solange wir uns so viele Chancen erarbeiten, haben wir kein Problem“, sagte Stevens. Wer letztlich die Tore schießt, „das find’ ich nicht so wichtig“. Wichtig ist, dass Hertha solche kniffligen und engen Partien jetzt gewinnt. „Wenn man so ein Spiel noch dreht“, sagte Kapitän Preetz, „spricht das a) für die Mannschaft und ist b) noch einiges drin.“

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