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Riesch

© AFP

Maria Riesch: Vom Parkett aufs Podest

Mit ihrem zweiten Olympiasieg vollendet Maria Riesch das Bild der Weltklasse-Skiläuferin – dabei hatte die 25-Jährige im Herbst noch Angst, dass sie zu viele Galas wahrgenommen hatte.

Niemand schmerzten die Tränen mehr als sie. Maria Riesch stand neben ihrer Schwester, sie hatte ihre Goldmedaille um den Hals, sie hatte den Jubel der deutschen Fans im Ohr, sie hatte das Glücksgefühl genossen, als da oben stand, auf dem Siegerpodest, vor sich die deutsche Flagge, hochgezogen zur Musik der deutschen Nationalhymne, aber jetzt, in diesem Moment, hätte sie am liebsten mitgeheult. Aus Mitgefühl für die Susanne, ihre drei Jahre jüngere Schwester. Susanne Riesch war ausgeschieden im zweiten Lauf des Slaloms, das war wie ein Stich ins Herz. „Für sie war das wahrscheinlich einer der bittersten Momente in der Karriere. So sehr ich mich gefreut habe, so sehr habe ich gelitten“, sagte Maria Riesch. „Da geht eine Welt unter, wenn man es nicht schafft.“

Maria Riesch ist auch in diesem Moment zuerst die Schwester, dann erst die strahlende Olympiasiegerin. Die Doppel-Olympiasiegerin. Ihr zweites Gold nach dem Sieg in der Super-Kombination. Silber im Slalom hatte die Österreicherin Marlies Schild gewonnen, Dritte wurde die Tschechin Sarka Zahrobska.

Aber es dauerte nicht lange, bis Maria Riesch wieder in dieser Atmosphäre gefangen war, in der jeder an ihr zerrte, jeder ihr ein Mikrofon vor die Nase hielt, jeder auf ihre Schultern klopfte, jenes Szenario also, das ideal zum Gefühl der Maria Riesch passte: „Das ist der Wahnsinn. Es ist der größte Tag in meinem Leben.“

Maria Riesch, 25 Jahre alt, Besitzerin zweier Autos, die auf dem Hockenheimring im Rennen eine gute Figur abgäben, ist die dritte Doppel-Olympiasiegerin von Deutschland im Ski alpin. Die erste war Rosi Mittermaier, 1976 in Innsbruck, die zweite Katja Seizinger 1998 in Nagano. Im Hause Mittermaier, besser gesagt: Neureuther, ist Maria Riesch quasi aufgewachsen. Die Familien Riesch und Neureuther wohnen sehr nahe beieinander und sind eng befreundet, mit Felix Neureuther ist Maria Riesch in den Kindergarten und in die Grundschule gegangen.

In den Jubel über Gold fügte sich der Schmerz über das Scheitern der Schwester

Sportlich gesehen war’s natürlich kein Wahnsinn, diese Leistung in Whistler. Maria Riesch ist eine exzellente Abfahrerin, sie ist auch Slalom-Weltmeisterin. Zur Besonderheit macht diesen Doppel-Erfolg der Stress der Maria Riesch. Sie hat ja quasi kaum Pausen, weil sie Allrounderin ist und in jeder Disziplin startet. Kathrin Hölzl, die Riesenslalom-Weltmeisterin, konnte nach dem Weltcup in Maribor gelassen sagen, dass sie sich jetzt zum Training zurückziehen und sich ganz auf Vancouver konzentrieren werde. Maria Riesch konnte das nicht, sie jagte zum nächsten Weltcup.

Dass sie trotzdem noch die Nervenstärke zeigte, bei Olympia hochkonzentriert zu fahren, das ist ein Zeichen ihrer Weltklasse. Aber selbst eine Maria Riesch hatte im Herbst Bedenken wegen des eigenen Tempos. Sie hatte im Sommer so viele PR-Termine, so viele Einladungen, so viele Galas wahrgenommen, dass sie ernsthaft fürchtete, sie habe das Markenprodukt Maria Riesch auf Kosten ihres Training zu sehr ausgereizt. Und es gab im Herbst Momente im Training, da fuhr Susanne Riesch eine Sekunde schneller als ihre Schwester. „Das hat man natürlich nicht so gerne, wenn einen die eigene Schwester so abhängt“, gab Maria Riesch zu. Sie meinte das nicht als Seitenhieb gegen die Schwester, sie machte sich vielmehr Sorgen um ihren eigenen körperlichen Zustand.

Die Ergebnisse im Weltcup zeigten ihr dann, dass sie sich geirrt hatte. Auch diese Wettkampfhärte ist ein Zeichen der Weltklasse der 25-Jährigen aus Garmisch-Partenkirchen. Sie kämpft ja sogar noch um den Sieg im Gesamt-Weltcup.

Auf dem Mohrenplatz in Garmisch haben sie am Freitagabend vor der großen Videoleinwand eine riesige Party gefeiert. Vielleicht können sie in zwei Wochen noch nachlegen: Das Saisonfinale im Weltcup findet in Garmisch-Partenkirchen statt.

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