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Martenstein in Südafrika: Japaner sind rüpelhafte Proleten dagegen

Harald Martenstein verwirren seine fahnenschwenkenden, erschreckend höflichen Gastgeber im WM-Land Südafrika.

Ich bin in diese kleine Pension gezogen. Es klopfte an der Tür. Als ich öffnete, stand da eine recht breit angelegte, kaugummikauende Person, ungefähr in meinem Alter, und sagte: „Hallo, Sir, mein Name ist Beauty, ich darf heute Ihr Zimmermädchen sein.“

Man kann die Höflichkeit auch übertreiben. Ich dachte, nur Pop- und Sportstars geben ihren Kindern solche Namen, die eine Prophezeiung darstellen sollen, aber nein, auch Südafrikaner scheinen es zu tun. Und wenn so ein armes Ding „Beauty“ heißt und zufälligerweise tatsächlich eine Schönheit ist, dann ist das doch auch blöd. Wie heißt wohl der Bruder von Beauty mit Vornamen? Bill Gates? Mister President?

Das ist überhaupt eine interessante Pension, in der ich wohne. Sie haben eine eigenartige Form von Kriminalität dort. Es kommt eigentlich nie etwas weg, nur Schuhe. Wenn Gäste ihre Schuhe nachts vor die Tür stellen, sind sie am nächsten Morgen fast immer verschwunden. „Warum stellt man denn überhaupt Schuhe vor die Tür“, fragte ich, ein bisschen gedankenlos, die Wirtin, „ich mache das nie, ich putze die höchstens hin und wieder.“

„Oh, Sie Glücklicher“, sagte die Wirtin. „Es ist wegen des Geruchs, wissen Sie. Manche Schuhe riechen so, dass man nicht mit ihnen in einem Raum schlafen möchte. Es kann schlimmer sein als Schnarchen.“

Und solche Stinkeschuhe werden gestohlen? Da tippe ich auf einen Fall von Fetischismus, da hat jemand vom Personal eine wirklich außergewöhnliche Sexualität. Aber bei Beauty kann ich mir so etwas beim besten Willen nicht vorstellen.

Die Wirtin hat sofort eine deutsche Fahne gekauft, nur meinetwegen, aus Höflichkeit, so sind die Südafrikaner, sogar die Japaner sind rüpelhafte Proleten dagegen. Wenn ich Honduraner wäre, dann hätte sie eine Hondurasfahne genäht, die gibt es nicht zu kaufen. Sie läuft höflich fahneschwenkend durch den Garten, mir ist das peinlich, vor allem wegen der anderen Gäste. Das sind alles Fans von Cricket, oder Rugby, oder von gar nichts.

Ich sage, um ihre Höflichkeit zu testen: „Ich hasse die verdammten Vuvuzelas, vor allem die kleinen, die wie ein schreiendes Baby klingen. Wenn die Vuvuzelas in Deutschland Mode werden, das verzeihe ich Südafrika nie.“

Sie sagt: „Ja, die Vuvuzelas sind schlimm. Gesundheitsgefährdend. Hoffentlich breitet sich das jetzt nicht in der ganzen Welt aus.“ Da ist kein Durchkommen.

Am zweiten Tag rückt meine Wirtin damit heraus, dass ihr Mann, sie und die Kinder sich Karten für das nächste Deutschlandspiel besorgt haben – sie möchten mich unterstützen, weil ich doch ihr Gast sei. Ob Deutschland im Fußball denn gut sei. Worauf es im Fußball denn ankomme. Ich sage: „Ich weiß es nicht, kleine Lady. Die einen sagen so, die anderen so. Fußball ist langweilig.“ Sie antwortet: „Ach, das ist aber interessant, Sie kennen sich aber gut aus, darüber diskutiere ich jetzt gleich mit meinem Mann.“

Am Abend, im Restaurant, sagt die Kellnerin: „Hallo, Sir, mein Name ist Brenda, ich darf heute Abend Ihre Kellnerin sein.“ Ich hätte antworten müssen: „Glückwunsch, Brenda. Da hast du heute Abend aber wirklich das große Los gezogen. Wie viele Bewerberinnen gab es denn? Als Trinkgeld bekommst du meine Schuhe.“

So was fällt einem immer erst hinterher ein, außerdem traut man sich sowieso nicht.

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