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Martin Kaymer: Am Rande des Golf-Universums

Vor drei Jahren war Martin Kaymer die Nummer eins im Golf, dann begann sein Abstieg. Nun droht er sogar aus den Top 50 zu fallen. Sein Rezept für die neue Saison: weniger Denken.

Eigentlich ist dieses Turnier ein Heimspiel für ihn. Dreimal hat er die Abu Dhabi Golf Championship bereits gewonnen, 2008 hier seinen ersten Profisieg geholt. Martin Kaymer hat die schwere Falcons-Trophy aus massivem Silber zu Hause in Düsseldorf in der Vitrine stehen. Nach seinem dritten Sieg 2011 hat man ihm den Pokal überlassen und ein Duplikat für die künftigen Sieger fertigen lassen. Am Montag dieser Woche sitzt der 29-Jährige in einer Pressekonferenz und versucht zu erklären, dass sein Spiel 2011 eigentlich nicht anders war als jenes von heute. „Ich habe überhaupt keine Zweifel, dass ich hier wieder gewinnen kann“, erklärt er. „Ich wäre nicht hierhergekommen, wenn ich das nicht glauben würde. Ich spiele kein bisschen schlechter.“

Der Grund, warum der Deutsche all dies beteuert, ist ganz einfach: Egal, ob sich Kaymer selbst fühlt wie im Jahr 2011 – Fans und Golfszene nehmen ihn gänzlich anders wahr als noch vor drei Jahren.

2011 war Kaymer der neue Star. Der Mann, der nicht nur im Sommer davor überraschend ein Major gewonnen hatte, sondern die Szene scheinbar nach Belieben dominierte. Der Deutsche war zwischenzeitlich sogar Weltranglistenerster. Er war jung, selbstbewusst, schien unschlagbar. 2014 ist Kaymer immer noch jung, er klingt selbstbewusst – aber er hat in den vergangenen zwölf Monaten kein Turnier gewonnen und ist vor allem in der Weltrangliste abgerutscht auf Rang 43. Damit nähert sich der Düsseldorfer der ungemütlichen Zone der Positionen jenseits der Grenze der Top 50 der Welt. Wer zu den besten 50 gehört, kann seinen Terminkalender quasi frei gestalten. Wer darunter liegt, erhält nicht mehr automatisch eine Einladung zu großen Turnieren wie dem US Masters in Augusta.

Kaymer weiß das – aber er ist trotzdem optimistisch. Sein langes Spiel, schon immer seine Stärke, funktioniert seit Monaten prächtig. Vor allem aber glaubt er für das kurze Spiel, schon immer seine Schwäche, eine Lösung gefunden zu haben. „Ich konzentriere mich nun stärker auf das Chippen und Pitchen. Das kurze Spiel ist einfach eine Kunst. Es geht vor allem um den Touch und das Gefühl und man darf die Dinge nicht dadurch überkomplizieren, dass man die ganze Zeit über Technik nachdenkt … was ich das ganze vergangene Jahr gemacht habe.“

Tatsächlich hat er in der vergangenen Saison das Thema „Kurzes Spiel“ durchaus beackert. Mit Pete Cowen wurde einer der führenden Kurzspiel-Coaches weltweit verpflichtet, der Kaymer die Feinheiten der kleinen Schläge noch einmal von Grund auf vermittelte. Will heißen: Die Technik wurde auf den Prüfstand gestellt und zum Teil geändert. Dadurch, so Kaymers Resümee, habe er nun durchaus mehr Schlagvarianten im Repertoire. Die Sache ist nur: Je größer die Auswahl an verfügbaren Schlägen, desto schwieriger und fehleranfälliger die Entscheidung. Allzu oft verließ Kaymer in den vergangenen Monaten Par-5-Löcher mit einem Par oder Bogey, nachdem seine Ausgangsposition vor dem Chip oder Pitch eigentlich ein Birdie erhoffen ließ. „Es war völlig unmöglich für mich, einen guten Chip zu schlagen“, erinnert er sich. „Ich habe an viel zu viele Dinge gedacht: Sind meine Hände in der richtigen Position? Liegt mein Gewicht links oder rechts? Wie stark soll ich die Hände laufen lassen?“

Jetzt ist er auch beim Kurzspiel-Training zu seinem alten Coach Günter Kessler zurückgekehrt und versucht es auf die bewährte Weise: „Ich versuche, einfach zu meiner alten natürlichen Art zurückzukehren.“ Der National Course von Abu Dhabi, ein langer, aber nicht übermäßig komplizierter Platz, dürfte ein guter Ort sein, um genau dies zu versuchen. Die Grüns sind vergleichsweise platt, in den meisten Fällen kann der Spieler die Fahne direkt attackieren, ohne lange über Neigungen und Kanten nachzudenken. Es ist ein Platz, um Selbstvertrauen zu tanken. Was leicht fallen dürfte, wenn man wie Kaymer obendrein weiß, dass man hier schon dreimal gewonnen hat.

Leicht genommen hat der nach wie vor beste deutsche Profi die Vorbereitung trotzdem nicht. Sein übliches Wintertrainingslager ist durch die Entscheidung, diesmal anders als sonst Weihnachten zu Hause in Deutschland zu verbringen, ein wenig durcheinandergewirbelt worden. „Das hat mich durchaus unter Druck gesetzt, weil ich nur circa zehn Tage Zeit hatte, um mich für Abu Dhabi in Form zu bringen.“ Jetzt geht es darum, zuerst bei der Golf Championship und anschließend bei der Qatar Masters und der Phoenix Open in Scottsdale im US-Bundesstaat Arizona drei gute Ergebnisse einzufahren, um die Saison 2014 möglichst positiv zu beginnen.

Aufgaben nämlich hat Kaymer in diesem Jahr reichlich zu erledigen: Er muss den Abwärtstrend in der Weltrangliste stoppen. Die Ryder-Cup-Qualifikation, in der er derzeit auf einem abgeschlagenen Platz liegt, wird in den nächsten Monaten zu einem beherrschenden Thema. Und ein Sieg bei einem größeren Turnier sollte mal wieder her. Kein schlankes Programm also, dem sich der 29-Jährige da stellt. Ein vierter Sieg in Abu Dhabi zum Saisonstart würde es so viel einfacher machen.

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