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Große Werbefläche. Barcelona erhält für den Platz auf der Trikotbrust 165 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre.

© AFP

Trikotwerbung beim FC Barcelona: Mehr als nur ein Deal

Der FC Barcelona bricht mit seiner 112-Jahre alten Tradition und bewirbt künftig Katar – ein Geschäft, das schwer zur Ethik des Vereins passt.

Der Tag war sicher unglücklich gewählt. Doch Lokalradios meldeten den Millionendeal bereits und ließen der Führungsspitze keine andere Wahl, als schnell zu handeln. Und so war es der 10. Dezember, der internationale Tag der Menschenrechte, an dem der FC Barcelona bekannt gab, dass der Klub künftig erstmals in seiner 112-jährigen Geschichte einen zahlenden Sponsor auf seinem Trikot tragen wird. Und zwar nicht irgendeinen Sponsor, sondern eine Stiftung aus Katar; der umstrittene Gastgeber der Fußball-WM 2022 wird auch wegen Menschenrechtsverletzungen kritisiert.

Der Deal mit der gemeinnützigen „Qatar Foundation“ ist der bestbezahlte Sponsorenvertrag der Fußballgeschichte. Mindestens 165 Millionen Euro wird der FC Barcelona von Januar 2011 bis Juni 2016 erhalten. Erfolgsabhängig können zu den 30 Millionen Euro jährlich noch 5 Millionen hinzukommen. Damit übertrifft der Spanische Meister selbst die Deals von Manchester United und dem FC Liverpool (je etwa 24 Millionen Euro pro Jahr), Real Madrid (23 Millionen) und Bayern München (22 Millionen).

Doch es ist vor allem Barcelonas Klubethik, die den Sponsorenvertrag bemerkenswert macht. Der sportliche Vorzeigeklub Kataloniens versteht sich laut Vereinsmotto als „més que un club“, mehr als nur ein Fußballverein. Dazu gehört traditionell auch soziales Engagement. Ebenso verweigerte sich Barça mehr als 100 Jahre lang allen Unternehmen, die auf ihrer Trikotbrust werben wollten. Doch 2006 gab der umtriebige Unternehmer, Politiker und Barca-Präsident Joan Laporta bekannt, dass die Katalanen künftig für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen werben wollen. Statt Geld dafür zu kassieren, spendete Barcelona jährlich 1,5 Millionen an Unicef, das großzügige Angebot galt bis 2011. Zunächst soll sich dies so bleiben: Man werde beide Logos tragen, „im Zweifelsfall hat Unicef Vorrang“, sagte Barcelonas Finanzchef Javier Faus.

Was damals auf den ersten Blick sozial vorbildlich und bemerkenswert war, diente Laporta in zweiter Linie auch dazu, das Tabu Trikotwerbung bei den wertkonservativen Barca-Mitgliedern aufzuweichen. Denn in den sieben Jahren unter Laporta gewann der Klub zwar 13 Titel, doch erhöhten sich die Schulden von etwa 160 Millionen Euro auf etwa 440 Millionen – laut Angaben der neuen Vereinsführung. Der Vorstand um Präsident Sandro Rosell will den Deal nun nutzen, um die Schulden abzubauen. „Dieser Vertrag gibt uns keine Freiheiten, mehr auszugeben“, sagte Finanzchef Faus. „Der interne Sparkurs für die nächsten fünf Jahre wird eingehalten, aber der Vertrag gibt uns natürlich mehr Ressourcen.“ Zu dem Deal gehört offenbar auch, dass Barcelona Freundschaftsspiele in Katar bestreiten und Nachwuchstrainer ins Land schicken wird.

Zu Barcas Vereinskultur passt es vordergründig auch, dass sich die Katar-Stiftung laut eigenen Angaben für Bildung, Forschung und Entwicklung engagiert. Gegründet wurde sie 1995 von Emir Hamad Khalifa Al Thani, der treibenden Kraft hinter Katars WM-Bewerbung. Laut Faus handelt es sich „um eine gemeinnützige Organisation eines kleinen Landes, das durch Bildung und Sport bekannt werden möchte“. Auch andere europäische Großklubs seien interessiert gewesen.

Doch bei den Traditionalisten im Klub kann das die Kritik nicht mildern. „Das Trikot Barcas hat keinen Preis“, sagte Joan Gaspart, von 2000 bis 2003 Vereinspräsident. „Ich mag diesen Deal nicht, ich mochte den Unicef-Deal schon nicht.“ Alfons Godall, ehemaliger Vize und Präsidentschaftskandidat, kritisierte: „Man nimmt hier Beziehungen mit einem politischen Regime auf, das Frauen schlecht behandelt, das obskur, chauvinistisch und undemokratisch ist. Darüber hinaus hat Präsident Rosell wirtschaftliche Interessen dort.“ Rosell betreibt mit seiner eigenen Sportmarketingfirma Fußballprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika.

Einer hielt sich zu dem Thema auffällig zurück: Barcelonas Trainer Josep Guardiola, der einst in Katar spielte und die WM-Bewerbung des Emirats offen unterstützte. „Ich warte nur darauf, dass mir das zum Vorwurf gemacht wird“, sagte er wenige Tage vor Verkündung des Deals. Er könnte bald recht behalten.

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