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Sport: Mehr Konkurrenz gleich mehr Konstanz

Michael Behrmann, dem neuen Bundestrainer der Nationalmannschaft im Frauenhockey, bleibt wenig Zeit, um seine Ideen umzusetzen

Berlin - Michael Behrmann ist aus dem Alter raus, in dem man sich spätestens ab Mitte November Sorgen macht, auf welcher Party man Silvester feiern wird. Er ist in diesem Jahr 40 geworden, und ihm war schon lange klar, dass er mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn ins neue Jahr hineinfeiern würde. Doch daraus wird nichts. Behrmann hat Anfang November einen neuen Job bekommen, und heute wird er eine einwöchige Dienstreise antreten, die geplant war, bevor er Bundestrainer der Hockeynationalmannschaft der Frauen wurde. „Silvester auf einem Weingut in Südafrika ist auch nicht schlecht“, sagt er.

Nur damit kein falscher Eindruck entsteht: Mit Urlaub wird die Reise nach Stellenbosch wenig zu tun haben. Sie gilt als Vorbereitung auf die Champions Trophy Mitte Januar in Quilmes (Argentinien), die ihrerseits vor allem der Vorbereitung auf die Europameisterschaft im August dient, bei der sich die Mannschaft wiederum für die Olympischen Spiele 2008 qualifizieren will. „Ich bin froh, dass es endlich losgeht mit Hockey“, sagt Behrmann.

Eine umfassende Jobrotation im Deutschen Hockey-Bund (DHB), ausgelöst durch den Wechsel des Männer-Nationaltrainers Bernhard Peters in den Fußball, hat Behrmann auf seinen neuen Posten befördert. Markus Weise konnte erst Männer-Nationaltrainer werden, nachdem mit dem bisherigen U-21-Coach Behrmann ein Nachfolger für den Job bei den Frauen gefunden war. Die lange Suche hat dem Hockey-Bund viel Kritik eingetragen und Behrmann den Ruf, nur dritte Wahl zu sein. Vor allem viele ältere Nationalspielerinnen haben den ursprünglichen Plan des DHB befürwortet, einen Trainer aus dem Ausland zu verpflichten. „Ich weiß gar nicht, wie ein ausländischer Trainer das auf die Reihe hätte kriegen sollen“, sagt Behrmann.

Das Problem ist, dass dem neuen Bundestrainer kaum Zeit blieb, sich einzuarbeiten. Wenigstens hat Behrmann den Vorteil, dass er die meisten Spielerinnen aus der U 21 kennt – und dass die meisten Spielerinnen ihn kennen. „Den großen Umschwung wird es nicht geben“, sagt er. Schließlich habe Weise eine erfolgreiche Ära geprägt, mit dem überraschenden Olympiasieg 2004 als Höhepunkt. Aber unter dem alten Bundestrainer hat es immer wieder unerklärliche Leistungsschwankungen gegeben, auch in diesem Jahr: Im Juli gewann das Team die Champions Trophy der sechs besten Teams der Welt, im Oktober belegte sie bei der Weltmeisterschaft in Madrid nur Platz acht. Diese Wechselhaftigkeit hat Weise irgendwann an den Rand der Verzweiflung getrieben.

Dass es bei der Champions Trophy im Januar, dem bisherigen Zyklus folgend, wieder einen Höhenflug geben wird, ist nicht zu erwarten. „Das oberste Ziel ist, nicht abzusteigen“, sagt Behrmann. Die Bescheidenheit ist der Zusammensetzung des Kaders geschuldet. Für den Lehrgang in Südafrika mit je zwei Länderspielen gegen Holland und Südafrika haben elf Spielerinnen aus beruflichen Gründen oder wegen Verletzungen abgesagt, darunter Routiniers wie Marion Rodewald, Natascha Keller und Kerstin Hoyer. Von den 22 Nominierten, aus denen Behrmann auch die 18 Spielerinnen für die Champions Trophy benennen wird, sind fünf ohne internationale Erfahrung, weitere fünf haben weniger als zehn Länderspiele bestritten. „Die Champions Trophy ist eine gute Maßnahme, um neuen Spielerinnen eine Chance zu geben“, sagt Behrmann, eine Art Crashkurs im internationalen Hockey.

Sein Ziel ist es, den Kreis der nationalmannschaftstauglichen Spielerinnen zu vergrößern, um so den Konkurrenzkampf zu verschärfen und die Gefahr von Leistungsschwankungen zu minimieren. Im März, wenn es in die entscheidende Vorbereitung für die Europameisterschaft geht, will Behrmann 30 bis 32 Spielerinnen haben, „die alle die Hand heben, weil sie dabei sein wollen“. Veränderungen werde es sowohl im Kader als auch auf den Positionen geben, sagt der neue Bundestrainer. Vor allem Fanny Rinne soll von der Last befreit werden, das Spiel mehr oder weniger allein gestalten zu müssen.

Vielleicht ändert sich doch mehr als ursprünglich geplant. Unter Weise konnten sich die Stammspielerinnen ihrer Einsätze jederzeit sicher sein, egal ob sie in Form waren oder nicht. Es war wohl eine trügerische Sicherheit. Behrmann sagt: „Ich habe bei den Spielerinnen rausgehört, dass sie die Konkurrenz wollen.“

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