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Sport: Mehr Platz im Strafraum

Herthas Stürmer Luizao und Preetz spielen zu ähnlich – fürs Erste muss der Brasilianer draußen bleiben

Von Michael Rosentritt

Berlin. Völlig unbehelligt schlurft Luizao hinter dem eingerüsteten Olympiastadion von dannen. Der Beton unter seinen Füßen ist übersät mit Resten durchnässter Stadionhefte. Seine Frau läuft etwa zwei Schritte voraus, eine andere südamerikanische Frau trägt eine überdimensionale Sporttasche, vermutlich seine. Luizao selbst trägt sein müde gewordenes Töchterchen auf dem Arm. Ein merkwürdiges Bild. Hertha BSC hat soeben das erste Bundesligaheimspiel der Saison gegen den HSV gewonnen und Luizao, der Brasilianer, der im Sommer mit Brasilien Weltmeister wurde, hatte nicht mitspielen dürfen. Nicht einer der 40 000 Zuschauer im Stadion hat seinen n gerufen, niemand hat ihm zugejubelt. Im Gegenteil. Als Luizao den Stand mit den Thüringer Rostbratwürsten passiert, weckt das eine bestimmte Assoziation.

Natürlich ist Luizao alles andere als ein armes Würstchen. Nur läuft es in Berlin für den 26-Jährigen nicht so, wie er sich das wünscht, und sich auch der Rest des Vereins das vorstellt. Drei Bundesligaspiele und ein Uefa-Cup-Spiel in Aberdeen hat der Stürmer für seinen neuen Verein bestritten. Ein Tor ist ihm bisher noch nicht gelungen. Herthas Trainer Huub Stevens widersprach dem Verdacht, dass die Nichtberücksichtigung Luizaos gegen den HSV damit etwas zu tun gehabt hätte. Gleich nach dem Spielende lief Stevens auf den Brasilianer zu und redete auf ihn ein. Schließlich legte sich auch noch Manager Dieter Hoeneß in Sachen Luizao ins Zeug und appellierte an das neue Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Teams. Ungefragt sagte Hoeneß: „Um das ganz klar zu stellen: Luizao hat schon im Europacup in Aberdeen eine klare Leistungssteigerung nachgewiesen. Es ist eine Frage der Zeit, dass er in Topform ist.“ Eine neue Unzufriedenheit werde er nicht aufkommen lassen. Nicht bei Luizao, noch bei irgendeinem anderen Spieler.

Denn das eine solche aufkommen könnte, wittern sowohl Hoeneß als auch Stevens. Das Angriffs-Duo Luizao und Michael Preetz wird es demnächst nicht geben. Der Trainer habe sich nicht gegen Luizao, sondern für Michael Preetz entschieden. Preetz hat in der Bundesliga und im Pokal zwei Tore erzielt und meldete sich nach einer Verletzung wieder einsatzbereit. „Die beiden Spieler spielen momentan noch nicht so zusammen, wie wir uns das vorstellen“, sagt Stevens. „Gegenwärtig wäre das nicht die ideale Besetzung“, sagt der Manager.

„Die Laufwege passen nicht so zusammen, wie es sein muss“, erklärt Stevens. Beide Spieler benötigten noch Zeit, sich aneinander zu gewöhnen. „Jeder von ihnen muss da etwas abgeben“, sagt Stevens. Noch klemmt es im Sturm. Was fehlt, ist das Spielverständnis, die Abstimmung mit den neuen Kollegen. „Das wird wohl noch ein, zwei Monate dauern“, sagt Hoeneß. „Aber das wussten wir vorher.“

Dieter Hoeneß sieht darin kein Problem. Luizao hat für vier Jahre bei Hertha unterschrieben. Kapitän Michael Preetz, mit 35 Jahren der älteste Spieler im Verein, der seinen im vergangenen Sommer auslaufenden Vertrag um ein weiteres Jahr verlängerte, wird im kommenden Sommer die Strafräume der Liga verlassen und ein neues Betätigungsfeld in der Geschäftsstelle hinter einem Schreibtisch finden. Dann ist der Weg frei für Luizao. Man könnte die personelle Konstellation auch so beschreiben: Luizao wurde nicht zu Michael Preetz verpflichtet, sondern für Michael Preetz.

Noch ist Luizao nicht der Held der Hauptstadt, nicht der Liebling der Fans. Noch ist Luizao nicht der, den die Menschen hier aus dem Fernsehen kennen. Noch ist der Brasilianer nicht angekommen in Berlin. Noch ist es dafür aber nicht zu spät. Im Unterschied zu seinem momentan verletzten Landsmann Alex Alves, der das seit zweieinhalb Jahren weitgehend erfolglos versucht.

Im Stadion hatten sie ein Plakat aufgehängt mit der Aufschrift: „Das mit dem Netz ist das Tor“. Über solche Scherze mochte Luizao an diesem Tag nicht nachdenken.

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