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Mein Lieblingssport: Hockey

Die Kollegen stehen zusammen und diskutieren über die Probleme der deutschen Olympiamannschaft. „Das Hockeyspiel gegen die Niederlande kann ein echter Hammer werden“, sage ich.

Die Kollegen stehen zusammen und diskutieren über die Probleme der deutschen Olympiamannschaft. „Das Hockeyspiel gegen die Niederlande kann ein echter Hammer werden“, sage ich. Irritiert schauen sie mich an. Weil Hockey für sie bedeutet: Schlittschuhe, Puck und Bodycheck, bis der Arzt kommt, und man es eigentlich nur im Winter spielt. „Nein“, sage ich und versenke das Gespräch in einem Meer aus kollegialem Desinteresse: „Ich meine doch Feldhockey.“

Es gibt Sportarten, die machen einsam. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als ich selbst in gebückter Haltung mit krückengleich geschwungenem Schläger über das Feld rannte. Die meisten Mitschüler spielten damals Fußball. Immerhin einer war Leichtathlet – 100-Meter-Läufer, Modellkörper – und die Mädchen liebten ihn. Und einer trainierte modernen Fünfkampf, ein Exot, aber eben ein Exot mit Pferd, Degen und Pistole. Wenn ich dagegen meinen Mitschülern vormachte, wie ich beim letzten Punktspiel einen hart geschlagenen Ball in Ninja-Geschwindigkeit mit der Rückhand aus der Luft pflückte, gab es nur verhaltene Anerkennung: „Warum drehst du den Schläger so komisch?“, fragten sie. „Weil die Regel vorschreibt, dass man nur die Innenseite des Schlägers benutzen darf“, antwortete ich, obwohl das schon niemanden mehr interessierte. Regeln sind nicht sexy. Nie. Und im Hockey gibt es eine ganze Menge Regeln.

Zum Beispiel die kurze Ecke: Der scharf hereingeschlagene Ball wird von einem Spieler außerhalb des Schusskreises, also gut 15 Meter vor dem Tor gestoppt. Ein anderer Angreifer muss nun die Lücke finden zwischen dem gepanzerten Torwart und einigen nur leicht geschützten Verteidigern, die furchtlos aus dem Tor stürmen, dem nicht unwahrscheinlichen Zahnverlust entgegen. Inzwischen dringen weitere Angreifer in den Schusskreis, die Räume werden enger. Der Ball macht keinen Unterschied zwischen Freund und Feind, rast in die Reihen der Verteidiger, die sich wie Wildgänse in eine Ladung Schrot stürzen, prallt zurück, wird abgefälscht, nimmt wieder Tempo auf und findet nicht selten den Weg ins Tor – eine rasende Choreografie aus Aufopferungsbereitschaft, Präzision und Wahnsinn.

„Wir sind übrigens ziemlich gut im Hockey, äh Feldhockey", rufe ich den Kollegen noch hinterher. „Ungefähr so wie im Biathlon, nur eben mit Krücken statt Gewehren.“ Aber das hört dann schon keiner mehr. Kai Röger

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