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David Hock vom Team der deutschen und brasilianischen Nachwuchsreporter der "Paralympics Zeitung Rio 2016" während seiner Arbeit auf der Pressetribühne.

© Thilo Rückeis

Mein Rio Tagebuch: Zu Hause in der Mixed Zone

Die Paralympics sind vorbei und somit auch die Arbeit unseres Zeitungsprojekts. Nachwuchsreporter David Hock fragt sich, was übrig bleibt nach Ende dieses Riesen-Events.

Hier saß ich doch schon mal. Am 7. September haben wir, das Team der Paralympics Zeitung, schon einmal auf der Pressetribüne des Maracanã-Stadions Platz genommen. Voller Aufregung aber ohne konkrete Erwartungen freute ich mich auf die Eröffnungsfeier, die gespickt mit so vielen Gänsehautmomenten einfach gigantisch war und mich in den Paralympischen Kosmos eintauchen ließ. Elf Tage liegt das nun zurück. Dazwischen liegen eine Flut an Eindrücken und Erfahrungen, für deren Verarbeitung sich nun erst allmählich Zeit finden wird.

Von Schwimmstar Daniel Dias bekam ich ein Statement - exklusiv

Unvergesslich bleibt für mich schon der erste Wettkampfabend. In der Mixed Zone – einem Bereich, in dem Journalisten nach dem Wettkampf Athleten interviewen können –stand ich nach langem Warten dem brasilianischen Superstar Daniel Dias gegenüber. Der Schwimmer, der zuvor seine erste Goldmedaille über 200 Meter Freistil holen konnte (bis zum Ende der Spiele kamen drei sowie dreimal Silber und zweimal Bronze hinzu), beantwortete nach zahlreichen Interviews mit Fernseh- und Zeitungsredakteuren schließlich auch noch meine Frage. Da er kein Englisch spricht, hatte ich mir mit meinem brasilianischen Teamkollegen und Freund Hugo schon vorab überlegt, wie wir diese Herausforderung zusammen lösen könnten: Zunächst begrüßte und gratulierte ich ihm mit „Boa noite, e parabéns!“, bevor Hugo schließlich für mich übersetze, ob die heimischen Spiele für ihn auch zusätzlichen Druck bedeuteten. Am Ende hatte ich ein Statement aus erster Hand, das meinem ersten Online-Artikel zusätzliche Exklusivität verlieh.

Die Mixed Zone wurde mit jedem folgenden Interview zu einem immer vertrauteren Terrain für mich. Die Eindrücke jedoch waren jeden Tag neu. Mit der Akkreditierung als Eintrittskarte für alles konnte ich auch immer wieder Disziplinen außerhalb meines Hauptarbeitsplatzes, dem Aquatics Stadium (Schwimmen), besuchen. Zum Schluss habe ich neun Sportarten live miterlebt – jede davon hatte ihren Reiz. Wenn ich meist sehr spät am Abend im Bett lag und die Augen schloss, liefen mir die vielen Bilder des Tages noch einmal durch den Kopf.

Ich hoffe, der Abschluss der Paralympischen Spiele ist gleichzeitig ein Startschuss

Alles hat ein Ende, nur Rio2016 hatte zwei. Ich hoffe, dass der Abschluss der Paralympischen Spiele gleichzeitig ein Startschuss ist. Ein Startschuss konkreter Folgen, damit die gelebte Vielfalt im Behindertensport auch im Alltag existent wird. Die Athleten haben den überraschenderweise vielen Zuschauern hier in Brasilien gezeigt, wie viel Siegermentalität in ihnen steckt. Außerhalb der Wettkampfstätten sind es Menschen wie Du und ich, die meist kein Mitleid wollen, sondern ganz einfach auch mit Rollstuhl in der kultigen Kneipe ein Bier trinken möchten.

David Hock

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