zum Hauptinhalt
Könnte eng werden. José Mourinho hat schon schönere Tage erlebt.

© Reuters/Brown

Meine Champions League: José Mourinho: Es geht um seinen Job

Beim Spiel des FC Chelsea geht es vor allem um José Mourinho. Verlieren die Londoner gegen Kiew, ist der Portugiese seine Job wohl los. Unsere Kolumne zur Champions League.

Das Aufwärmen lief schon mal nach Plan. 2:0 gegen Metalist Charkiw, und das ohne größeren Kraftaufwand – für Dynamo Kiew hätte es schlechter laufen können vor der Reise nach London. Die ukrainische Premyer-Liga erregt im Normalfall überschaubares Interesse im restlichen Europa, dem es eher gleichgültig ist, ob nun Dynamo Kiew Meister wird oder Schachtjor Donezk. Diesmal aber haben auch die englischen Korrespondenten ganz genau hingeguckt.

Womöglich ist es den Kiewern vorbehalten, mit einem letzten Kick den Mann zu stürzen, der den englischen Fußball polarisiert wie kein zweiter. Am vierten Spieltag der Vorrundengruppe G geht es für den FC Chelsea um eine verbesserte Ausgangsposition im Kampf um den Einzug in die K.-o.-Runde der Champions League. Vor allem aber geht es um den Job von José Mourinho. Eine neuerliche Niederlage gegen den Ukrainischen Meister am Mittwoch an der Stamford Bridge wäre wohl das Aus für den portugiesischen Trainer. Ein BBC-Reporter zitierte am Wochenende einen Chelsea-Spieler mit den Worten, er würde lieber verlieren, als für Mourinho zu gewinnen.

In dieser angespannten Lage nun kommt der Außenseiter aus Kiew an die Bridge. Mourinho hat sich in der Ukraine nicht unbedingt beliebt gemacht mit seiner Aussage, Dynamos Spielmacher Andrij Jarmolenko sei nicht gut genug, um seiner Mannschaft als Verstärkung zu dienen. Beim Duell in Kiew vor drei Wochen führte er an der Seitenlinie die übliche Mourinho-Show auf – es waren mal wieder alle anderen schuld daran, dass es nur zu einem 0:0 reichte. In Gruppe G liegt Chelsea mit vier Punkten hinter dem FC Porto (7) und Dynamo Kiew (5) nur auf Platz drei.

Kiew hat schon einmal eine Dynastie beendet

In der ukrainischen Hauptstadt wissen sie noch ganz gut, wie schön das sein kann, eine Dynastie zu beenden. 1977, als die Champions League noch Europapokal der Landesmeister hieß, hatte es Dynamo Kiew im Viertelfinale mit dem FC Bayern München zu tun. Die Bayern hatten zuvor dreimal in Serie den Henkelpott gewonnen, aber die Mannschaft um die alternden Granden Sepp Maier, Franz Beckenbauer und Uli Hoeneß hatte ihren Zenit überschritten. Im Hinspiel reichte es durch ein Tor von Rainer Künkel noch zu einem 1:0-Sieg. Beim Rückspiel aber waren die Münchner weder dem infernalischen Lärm der 100 000 Zuschauer im Zentralstadion, noch der Kiewer Spielkunst gewachsen. Oleg Blochin, damals der vielleicht beste Stürmer der Welt, verschoss zwar früh einen Elfmeter, aber nach zwei späten Toren von Burjak und Slobodjan waren die Bayern draußen.

1999 hätte Dynamos nächste Ausnahme-Generation die Münchner beinahe aus dem Halbfinale gekegelt. Hauptdarsteller war ein 23 Jahre alter Stürmer, der mit seiner Schnelligkeit und Ballsicherheit an den Nationalhelden Blochin erinnerte. Andrij Schewtschenko schoss zwei schnelle Tore, und bis kurz vor Schluss durfte Dynamo bei einer 3:1-Führung vom Endspiel träumen. Stefan Effenberg und Carsten Jancker schafften noch den Ausgleich, und das Rückspiel entschied Mario Basler mit einem seiner perfekten Freistöße. Der Ansturm aus der Ukraine war noch einmal abgewehrt.

So gut wie damals war Dynamo nie wieder. Schewtschenko ging ein paar Wochen später zum AC Mailand, vor drei Jahren hat er seine Karriere beendet und versucht sich seitdem mit bescheidenem Erfolg als Politiker. Walerij Lobanowski, der legendäre Schweiger auf der Trainerbank, der dort schon 1977 beim Triumph über die Bayern gesessen hatte, starb im Mai 2002 an einem Herzinfarkt. Als sein später Nachfolger amtiert heute Sergij Rebrow, der Spielgestalter der Schewtschenko-Generation. Im vergangenen Jahr hat er Dynamo zur ersten Meisterschaft seit 2009 geführt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false