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Juventus will endlich mal wieder die Champions League gewinnen. Die Chancen dafür standen lange nicht mehr so gut.

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Meine Champions League: Wie ein Engel Juventus vor der Hölle rettete

1996 hat Juventus Turin die Champions League letztmals gewonnen. Damals wurde Torhüter Angelo Peruzzi zum Helden. Jetzt drückt er Nachfolger Gigi Buffon die Daumen.

Mal wieder ein Endspiel. Angelo Peruzzi freut sich auf einen stimmungsvollen Saisonausklang, denn das Finale der Coppa Italia wird so eine Art Familientreffen mit den alten Freunden von Juventus Turin, bei denen er seine sportlich erfolgreichste Zeit erlebt hat. Seit dem vergangenen Sommer arbeitet Peruzzi als Teammanager für Lazio Rom. Er ist jetzt 47 Jahre alt, das Hemd spannt noch mehr über den Bauch als früher das Torhütertrikot. Probleme mit dem Gewicht begleiteten ihn durch die gesamte Karriere, die im Mai 1996 ihren Höhepunkt erlebte. Im Finale der Champions League besiegte Juve im Stadio Olimpico von Rom den Pokalverteidiger Ajax Amsterdam. 4:2 hieß es im Elfmeterschießen, Peruzzi parierte zwei Amsterdamer Versuche und wurde damit zum Helden der Nacht.

Es war nach 1985, nach der Tragödie von Heysel, das zweite und bis heute letzte Mal, dass Juve Europas Thron bestieg. Vier Finalteilnahmen stehen seitdem zu Buche, sie endeten ausnahmslos mit Turiner Niederlagen, zuletzt vor zwei Jahren in Berlin gegen den FC Barcelona. Am Mittwoch nun geht die Vecchia Signora als großer Favorit in das Halbfinal-Hinspiel beim AS Monaco.

Peruzzi wird daheim in Rom vor dem Fernseher sitzen und mitfiebern. Auf dass es Gigi Buffon, Gonzalo Higuain und Sami Khedira so machen wie damals Antonio Conte, Alessandro Del Piero und eben Angelo Peruzzi. An diesem 22. Mai 1996 hatte zunächst wenig darauf hingedeutet, dass es die Nacht des fülligen Turiner Torhüters werden könnte. Juventus war zwar überlegen, ging durch den früh ergrauten Fabrizio Ravanelli früh in Führung und hätte diese durchaus ausbauen können. Dann aber gab es kurz vor Ende der ersten Halbzeit einen Freistoß für Ajax. Frank de Boer trat ihn weder hart noch platziert, normalerweise hätte Peruzzi den Ball mit der Mütze gefangen, aber er glitt ihm aus den fangbereiten Händen, genau vor die Füße von Jari Litmanen, der das Geschenk dankend annahm und zum Ausgleich traf. Dabei blieb es bis zum Schluss der Verlängerung, und Peruzzi durfte doch noch Held werden.

Die Zeit ist reif für einen neuen Triumph, finden sie in Turin

Als erster Schütze trat Edgar Davids für Ajax an. Drei-, viermal legte er sich den Ball auf den Kreidepunkt, und schon da ging Louis van Gaal auf, dass es wohl nichts werden würde mit der erfolgreichen Titelverteidigung. „Keiner wollte so richtig den Ball nehmen“, sprach der niederländische Trainer, „die waren total verunsichert. Da weißt du als Trainer, dass du verloren hast.“ Davids versuchte, seine Nervosität mit einem möglichst kurzen Anlauf zu kaschieren. Peruzzi aber ließ sich nicht zu einer frühen Bewegung verleiten, er wartete bis zum letzten Augenblick, flog dann nach rechts und parierte mühelos. Die folgenden Versuche von Litmanen und Arnold Scholten musste Peruzzi passieren lassen, aber beim vierten von Sonny Silooy war er wieder da, diesmal in der linken Ecke, und weil zwischendurch alle Italiener getroffen hatten, bedeutete das den Sieg für Juve.

Ajax tat sich schwer damit, die Niederlage zu akzeptieren. „Wer gewinnt, ist Champion – allerdings nur der Champion des Abends, mehr nicht“, knurrte van Gaal, schon damals mit überschaubaren Verlierer-Qualitäten ausgestattet. Sein italienischer Kollege Marcello Lippi pries dagegen die Mentalität seiner Mannschaft: „Wir hatten einen unglaublichen Willen, das Spiel zu gewinnen. Wir waren eine Einheit aus Kopf, Herz und Körperkraft.“ Und sie hatten einen Engel im Tor, Angelo Peruzzi, dessen himmlischer Vorname für so manches Wortspielchen herhalten musste. „Das waren 120 Minuten Wettlauf mit dem Tod“, befand der Verteidiger Moreno Torricelli. „Aber Angelo hat uns vor der Hölle bewahrt.“

Peruzzi erreichte auch in den kommenden beiden Jahren mit Juve das Endspiel, musste sich aber Borussia Dortmund und Real Madrid beugen. Im neuen Jahrtausend, bei den Final-Niederlagen gegen Milan und Barça, stand schon der ewige Gigi Buffon im Tor. Die Zeit ist reif für einen neuen Triumph, finden sie in Turin und ganz Italien, auch in Rom, wo der Teammanager Angelo Peruzzi gern eine Verlegung des Saisonhöhepunkt hinnehmen würde. Bisher ist das Endspiel um die Coppa Italia für den 2. Juni terminiert. Einen Tag später steigt in Cardiff das Champions-League-Finale.

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