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© dpa

Mercedes-Motorsportchef Haug: „Bei einem Sieg trinken wir auch englisches Bier“

Norbert Haug über den Faktor Deutsch bei Mercedes, die Kosten des Teams und den Schumacher-Effekt

Herr Haug, Daimler-Chef Dieter Zetsche hat das neue Mercedes-Team als „Nationalteam der Formel 1“ bezeichnet. Ist Ihnen der Faktor Deutsch so wichtig?

Unser Formel-1-Team hat mit Mercedes- Benz und den Fahrern Michael Schumacher und Nico Rosberg einen starken deutschen Kern – aber eben nicht nur. Unsere Marke ist weltbekannt, Michael Schumacher ist weltbekannt und Nico Rosberg ist auf dem besten Weg, ein weltbekannter Sportler zu werden. Unser Team ist international, wobei Mercedes, Silberpfeil, Schumacher und Rosberg aus Deutschland stammen. Und darauf darf man ja auch durchaus – im richtigen Maß – stolz sein.

Ist die Betonung der Nationalität bei einem Weltkonzern nicht eher hinderlich?

Keineswegs. Hinderlich wäre, wenn unser Team übertrieben das „Deutsch“ betonen würde. Das tun wir aber nicht. Wir alle sind Weltbürger, haben aber bestimmt nichts gegen einen starken deutschen Kern. Genauso viel Respekt bringen wir allen Nationalitäten gegenüber auf – ob in unserem Team oder außerhalb.

Der Unterbau des Teams ist aber auch bei Mercedes ein englischer. Wird in der Zentrale in Brackley nun deutsch gesprochen und deutsches Bier getrunken?

Ich hoffe, es gibt nach einem Sieg bald einen Grund, mit allen Teammitgliedern mit einem deutschen Bier anzustoßen. Aber keine Angst, wir würden bei dieser Gelegenheit auch jederzeit ein englisches nehmen. Wir sind international und dabei entspannt wie konzentriert, um unsere Aufgabe bestmöglich zu lösen. Die Formel-1-Sprache ist bekanntlich Englisch, aber Sie werden auch Deutsch bei uns hören – wenn auch nicht am Funk oder bei technischen Besprechungen.

Wird Mercedes auch künftig verstärkt auf deutsche Piloten setzen? Nick Heidfeld gilt als Favorit für den Job als Testfahrer.

Auch bei der Verpflichtung von Nico Rosberg und Michael Schumacher kam es uns alleine darauf an, die besten verfügbaren Piloten zu verpflichten. An diesem Prinzip wird sich auch bei der Besetzung des Test- und Reservefahrers nichts ändern.

Wer entscheidet ultimativ, wenn es mal keine Einigkeit gibt – Sie und Mercedes oder die englische Seite um Teamchef Ross Brawn und Geschäftsführer Nick Fry?

Es gibt nur eine Teamseite, und die heißt Mercedes GP Petronas. Das letzte Wort im Tagesgeschäft hat unser Teamchef Ross Brawn und er berichtet an den Vorstand von Mercedes Grand Prix Ltd., der die sportlichen wie wirtschaftlichen Zielsetzungen vorgibt. Ross Brawn, Nick Fry und ich arbeiten Hand in Hand.

Ist das werkseigene Team nach der Übernahme von Brawn günstiger als die langjährige Zusammenarbeit mit McLaren?

Wir haben unser Jahresbudget gegenüber dem Höchststand von vor fünf Jahren mittlerweile um über 70 Prozent reduziert. Unser Team finanziert sich gänzlich über Einnahmen, die von unseren Sponsorpartnern und vom kommerziellen Rechteinhaber der Formel 1 stammen. Mercedes-Benz trägt nur die Kosten für die Motoren und für unsere kleine Steuerungseinheit mit Organisation, Planung, Controlling, Presse und Marketing in Stuttgart. Aber wir waren auch mit McLaren im Konkurrenzvergleich durchaus kostengünstig und zudem erfolgreich.

Das Image der Formel 1 ist durchaus zwiespältig. Andere Hersteller sind ausgestiegen und haben dafür sogar Applaus geerntet. Wäre das nicht auch für Mercedes die günstigere Lösung gewesen?

Nein. Und der Applaus, von dem Sie sprechen, hielt sich in sehr engen Grenzen. Großartigen Applaus erhielt allerdings Mercedes-Benz mit seiner Entscheidung, sich dem härtesten automobilsportlichen Wettbewerb als waschechte Werksmannschaft zu stellen. Allein die Bekanntgabe der Verpflichtung Michael Schumachers am 23. Dezember brachte nur in Deutschland über 90 Millionen Fernsehkontakte innerhalb von nur anderthalb Tagen – doppelt so viel wie ein ganzes Grand-Prix-Wochenende. Das Thema Mercedes-Silberpfeil-Schumacher-Rosberg-Petronas ist seit Mitte November weltweit durchgängig bei Interessierten in aller Munde.

Apropos Schumacher: Hat es Sie überrascht, dass er nach seiner Pause beim Test in Valencia gleich wieder so schnell war?

Wie gut wir sind, wird erst das erste Rennen zeigen. Und zuvor ist es klüger, sich auf harte Arbeit anstatt auf große Ansagen zu konzentrieren. Mit dieser Vorgehensweise haben Michael Schumacher, Ross Brawn und Mercedes-Benz neun der letzten 12 Weltmeistertitel geholt – bevor wir jetzt als Team antreten.

Die Fragen stellte Christian Hönicke.

Norbert Haug, 57, ist seit 1990 Motorsportchef von Mercedes. Er trieb nach der Trennung von Partner McLaren den Aufbau des neuen Mercedes- Werksteams in der Formel 1 voran.

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