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Sport: Michael Jordan: Comeback im Keller

Die Basketballwelt wartet auf ein Fax des größten Basketballers der Welt. Darin wird Michael Jordan verkünden, dass er in der kommenden Saison für die Washington Wizards spielt, an denen er zu fünf Prozent beteiligt ist.

Die Basketballwelt wartet auf ein Fax des größten Basketballers der Welt. Darin wird Michael Jordan verkünden, dass er in der kommenden Saison für die Washington Wizards spielt, an denen er zu fünf Prozent beteiligt ist. Dass er wieder spielt, stehe außer Frage, schreibt die "Washington Post" und beruft sich auf Quellen innerhalb der NBA.

Bereits am 10. September hatte Jordan vor seinem Restaurant in Chicago drei Journalisten gesagt, dass "ich nur wegen der Liebe zum Spiel zurückkomme". Daraufhin verkauften die Wizards innerhalb von fünf Stunden 400 Saisonkarten, bevor wegen der Terroranschläge die Kassen geschlossen wurden. Wettbüros setzten die Quote für den Titelgewinn der Wizards von 125:1 auf 12:1. Einen Pressetermin in der vergangenen Woche, um seine Entscheidung offiziell zu verkünden, setzte Jordan nach den Anschlägen in New York und Washington ab. Statt einer weltweit übertragenen Pressekonferenz soll es nun ein schlichtes Fax sein.

Warum riskiert Michael Jordan sein Denkmal, seinen Ruf, größer als der Sport selber zu sein? Er besitzt ungefähr 400 Millionen Dollar, schätzt das "Fortune"-Magazin. Bei den Wizards würde er sich als Mitbesitzer das Mindestgehalt von 1,3 Millionen Dollar genehmigen. Er hat im Basketball alles erreicht: zwei Olympiasiege, sechs Meisterschaften mit den Chicago Bulls, zehnmal Korbschützenkönig der NBA, zwölfmal All-Star und fünfmal wertvollster Spieler der Saison.

"Ich komme nicht wegen des Geldes zurück und auch nicht wegen des Ruhms", sagt Jordan. "Das habe ich hinter mir. Was ich wirklich liebe, ist die Herausforderung." Die ist in Washington in der Tat vorhanden. Die Wizards waren in der vergangenen Saison weit davon entfernt, die Play-offs zu erreichen, seit 13 Jahren haben sie in der Endrunde kein Spiel mehr gewonnen. Jordan ist 38 Jahre alt, hat drei Jahre pausiert, außer ihm gibt es keine großen Verstärkungen. In einem Trainingsspiel Mitte Juni brach sich Jordan zwei Rippen, dann hatte er eine Sehnenentzündung am Knie und Beschwerden mit der Beinmuskulatur.

An Herausforderungen mangelt es also nicht - die Bedingungen für ein erfolgreiches Comeback sind schlecht. Aber wenn man überhaupt Geld setzen würde auf die Rückkehr eines 38-Jährigen auf den Thron seiner Sportart, dann wäre Michael Jordan die erste Wahl. Vorbilder gibt es: Dreieinhalb Jahre nach seinem Karriereende kehrte die Eishockey-Legende Mario Lemieux im Dezember letzten Jahres zu den Pittsburgh Penguins zurück und war wieder einer der besten Spieler der NHL. Der Weitsprung-Weltrekordler Mike Powell möchte bei den Olympischen Spielen 2004 mit 40 Jahren noch mal um die Goldmedaille springen. "Als ein Athlet kannst du dich mit den Besten der Welt messen. Und genau das vermisst man", sagt Powell.

Die Besten in der NBA sind mittlerweile jüngere Spieler wie Kobe Bryant, Allen Iverson oder Vince Carter. Alle drei spielen auf der gleichen Position wie Jordan und konnten dem Schatten der Trikotnummer 23 nie entkommen. Nun scheint die Chance gekommen, den Generationswechsel auf dem Parkett zu demonstrieren. Trotzdem hört man von den neuen Stars keine forschen Töne. Alle erweisen Jordan Ehrerbietung. "Er wird der gleiche sein wie vor seinem Rücktritt", sagt Bryant. Das klingt ungewöhnlich brav für die NBA, in der verbale Scharmützel zum Umgangston gehören. Jordan aber blieb schon früher meistens unbehelligt, nachdem die Konkurrenz erkannt hatte, dass Provokationen den Meister zu Höchstleistungen trieben. Das will keiner der Jungstars von heute riskieren. Auch wenn Jordan seit drei Jahren nicht mehr gespielt hat.

Sven Simon

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