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Michael Schumacher: Noch mehr Comeback-Versuche?

Michael Schumacher spricht über seinen Comebackversuch in der Formel 1 – und schließt weitere nicht aus

Über ein Dutzend Kameras liefen, die Mikrofone waren offen, hundert Medienvertreter füllten den Saal. So weit dürfte die erste große Comeback-Pressekonferenz den Vorstellungen von Michael Schumacher entsprochen haben. Alles Weitere aber stand für den siebenfachen Formel-1-Weltmeister im Zeichen von Frustration und Enttäuschung.

Die Szenerie erinnerte an eine Parodie jenes Fragespiels, dass der Rennfahrer Schumacher im Laufe seiner 154 Podestaufenthalte so perfekt zu beherrschen gelernt hatte. Nur dass der Kerpener am Mittwoch in einem Genfer Hotel keinen verschwitzten Rennoverall trug, sondern ein frisches weißes Hemd; dass seine Sitznachbarn keine abgekämpften Mitstreiter waren, sondern sein Arzt und sein Manager. Und diesmal musste der 40-Jährige keinen Sieg erklären, sondern die Kapitulation vor den Signalen seines Körpers und dem Rat der Medizin.

„Es ist ein trauriger Moment“, eröffnete Michael Schumacher eine Veranstaltung, bei der sich während etwas mehr als einer Stunde nicht ein Hauch von Heiterkeit in seinen Zügen spielte. Zwar sah er blendend aus, braungebrannt, fit. Doch wenn er über den abgebrochenen Comebackversuch nach drei Jahren als Ersatzfahrer für den verunglückten Ferrari-Piloten Felipe Massa sprach, blieb seine Mimik starr. Kaum ein Satz, bei dem sich seine Stirn nicht in Falten legte. „Der größte Schmerz ist, dass ich nicht für Felipe einspringen kann“, sagte Schumacher.

Dass es auch einen medizinisch diagnostizierbaren Schmerz gibt, machte dann Johannes Peil deutlich. Er ist seit neun Jahren Schumachers Leibarzt und betreute ihn auch nach dessen schwerem Sturz bei einem Motorradrennen im Februar. „Es gab Frakturen im Bereich der Schädelbasis, des siebten Halswirbels sowie einer Rippe, dazu einen Arterienriss“, so Peil. „Interessanterweise macht gerade das, was zurzeit kommentiert wird – die Halswirbelfraktur – keine Probleme. Die ist ausgeheilt. Jedoch war eine feine Struktur im Bereich der Schädelbasis geborsten. Hier liegen noch die Probleme der Belastbarkeit.“ Das hatte sich bei Schumachers eintägiger Testfahrt im Formel-1-Auto gezeigt.

Schumachers Nacken ist – im Gegensatz zum Rest seiner Physis – derzeit nicht Formel-1-tauglich. Ob und wann er es wieder wäre, darüber will Peil nicht spekulieren. In drei Monaten vielleicht, vielleicht auch erst in 18. Der Mediziner lässt jedoch keine Zweifel daran, dass er es lieber sähe, sein prominenter Patient würde bei seinen sportlichen Aktivitäten grundsätzlich mehr Vorsicht walten lassen.

„Ich springe aus Flugzeugen, ich fahre Motorrad, ich fahre Formel 1“, lautete Schumachers Replik, „so bin ich eben.“ Es ist diese Mentalität, die ihn erfolgreich gemacht hat, und sie ist auch für das abgebrochene Comeback verantwortlich. Am Ende waren die Schmerzen im Formel-1-Wagen einfach zu groß und ließen sich auch mit Medikamenten nicht therapieren. Außerdem bestand das Risiko von Folgeschäden.

Während des Sommers sei er aber schmerzfrei gewesen, beteuerte Schumacher. Bis zum Gespräch mit Luca di Montezemolo habe er trotzdem „eher nicht“ an Rückkehr gedacht, doch der Ferrari-Präsident sei eben ein Meister der Überzeugung. Wer Schumacher zuhörte, darf allerdings vermuten, dass Montezemolo schon schwierigere Aufgaben bewältigt hat: „Die Erkenntnis, dass es doch nicht geht, war einer der härtesten Momente meiner Karriere. Für einen Moment hatte ich mich wieder lebendig gefühlt.“

So spricht keiner, der mit der Formel 1 abgeschlossen hat, auch wenn sich Schumacher zur großen Frage, die in vielen Varianten immer wieder gestellt wurde, nicht äußern mochte. So wollte er auch einen erneuten Versuch, eventuell zum Großen Preis von Italien Mitte September, nicht ausschließen: „Ich fühle mich nicht in der Lage, jetzt über die Zukunft nachzudenken.“ Auch sein Arzt ließ eine kleine Tür offen. „Ich hoffe, dass wir nach Wochen eine weitere Verbesserung der Belastbarkeit haben“, sagte Peil. „Die Entscheidung, ob dann ein weiterer Versuch zum Fahren in der Formel 1 unternommen wird, liegt allein bei Michael. Aus ärztlicher Sicht ist nicht auszuschließen, dass er wieder in einem Formel-1-Auto fahren kann.“ Doch wenn die Zeit wirklich alle Wunden heilt, dann auch die eines siebenfachen Weltmeisters, der sich im Rennen ums freie Ferrari-Cockpit am Ende selbst besiegt hat. (mit dpa)

Philipp Muschg[Genf]

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