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Kevin De Bruyne ist nicht zu halten.

© dpa

Millionen-Transfers der Premier League: Der Wahnsinn hat Methode

Manchester City zahlt offenbar 75 Millionen Euro für De Bruyne, der FC Liverpool 41 Millionen für Hoffenheims Roberto Firmino. Was in der Bundesliga Rekord ist, ist in England Normalität.

Auf den ersten Blick haben beide Meldungen nichts miteinander zu tun. Der Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach verpflichtet den 17 Jahre alten Nachwuchsspieler Mandela Egbo vom englischen Premier-League-Klub Crystal Palace. Egbo gilt als großes Talent, Palace hätte ihn liebend gern zu den Profis befördert, aber am Ende hat er sich für Gladbach entschieden, wo er zunächst einmal in der U 23 zum Einsatz kommen soll. Einen Tag später vermeldet Gladbachs Ligakonkurrent, die TSG Hoffenheim, einen spektakulären Transfer: Roberto Firmino wechselte für eine kolportierte Ablöse von 41 Millionen Euro zum FC Liverpool, und nun soll De Bruyne für 75 Millionen Euro zu Manchester City wechseln. Der 24-Jährige wäre damit der teuerste Profi im deutschen Fußball. Was in der Fußball-Bundesliga Rekord ist, ist in England kaum der Rede wert.

Während die englischen Klubs weiterhin Unsummen in ausländische Spieler investieren, wird es für heimische Talente immer schwieriger, in der Premier League Fuß zu fassen. Überraschend kommt diese Entwicklung nicht, seitdem bekannt ist, dass die englischen Klubs durch den neuen Fernsehvertrag noch einmal deutlich mehr Geld zur Verfügung haben werden als alle anderen Ligen in Europa. Der FC Liverpool zahlte zum Beispiel den Hoffenheimern für Firmino deutlich mehr als die von ihnen selbst ursprünglich veranschlagten 30 Millionen Euro. Das gleiche Muster ist auch bei Joselu zu erkennen, den Hannover 96 vor ein paar Tagen an Stoke City veräußert hat. Acht Millionen bekommt 96 – für einen Stürmer, der vor einem Jahr fünf Millionen gekostet hat und zuletzt selbst bei einem deutschen Abstiegskandidaten nur noch Ersatz war.

Für die Klubs der Premier League besteht kaum ein Anlass, den eigenen Nachwuchs zu fördern

Vor zehn Jahren hat man in England noch gedacht, dass sich der Wahnsinn auf dem Transfermarkt irgendwann mal wieder legen würde. Das Gegenteil ist der Fall: Der Einstieg von Investoren wie Scheich Mansour bei Manchester City hat neues Geld in den Markt gebracht, und der neue Fernsehvertrag, der den Klubs von 2016 bis 2019 knapp sieben Milliarden Euro einbringen wird, tut ein Übriges. Zum Vergleich: Die Bundesliga (inklusive Zweiter Liga) erlöst aus dem bestehenden Vierjahresvertrag (bis 2017) insgesamt 2,5 Milliarden Euro.

Unter dieser Entwicklung leiden vor allem Englands Talente. Der nationale Verband erzielt mit seiner Ausbildung zwar gute Erfolge, für die Klubs aber besteht kaum ein Anlass, den eigenen Nachwuchs zu fördern. Es lohnt sich einfach nicht, über mehrere Jahre eine Mannschaft aufzubauen, wenn man mit dem verfügbaren Geld und deutlich weniger Aufwand jeden Sommer aufs Neue eine wettbewerbsfähige Elf zusammenbasteln kann.

Der Teufelskreis der Premier League

Auch Klubs wie Swansea City oder Southampton, die dank ihrer überragender Nachwuchsarbeit in die Premier League aufgestiegen sind, müssen die finanziellen Normen akzeptieren, nachdem sie sich in der Ersten Liga etabliert haben. Und das ist ein Teufelskreis. Weil die Premier League deutlich mehr Einnahmen garantiert als die First Division darunter, versucht jeder Erstligist mit aller Macht, die Klasse zu halten. Mit aller Macht heißt vor allem: mit viel Geld. Das führt zu Schulden, doch wer Schulden hat, kann sich einen Abstieg noch viel weniger erlauben. Das heißt, die Klubs müssen noch mehr investieren, um den Abstieg und letztlich die Pleite zu verhindern.

Von diesem Teufelskreis profitieren jetzt andere Ligen, wie das Beispiel Borussia Mönchengladbach und Mandela Egbo zeigt. „Wir sind sehr froh, dass sich Mandela für uns entschieden hat“, sagt Borussias Manager Max Eberl. „Er ist ein Spieler mit großem Potenzial.“ Nicht nur für den Klub ist es ein gutes Geschäft, auch für den Spieler, der beim Champions-League-Teilnehmer Gladbach auf mehr Einsätze hoffen kann als beim Abstiegskandidaten Crystal Palace.

Englische Talente tingeln durch ganz Europa - auf Leihbasis

Vielleicht hat Egbo tatsächlich Glück mit seiner Entscheidung. Immerhin erhält er bei den Gladbachern einen Vierjahresvertrag. Die meisten englischen Talente reisen in jungen Jahren durch ganz Europa, weil sie jeden Sommer an einen neuen Klub verliehen werden. Josh McEachran vom FC Chelsea galt einmal als große Hoffnung. Zu einem Stammplatz bei Chelseas Profis aber hat es nie gereicht. Mit gerade mal 22 Jahren hat McEachran bereits für fünf verschiedene ausländische oder unterklassige Klubs gespielt – und sich dabei kaum entwickelt.

Schon in der vergangenen Saison hat jeder Premier-League-Klub im Schnitt drei Mal so viel Geld für Transfers ausgegeben wie jeder Bundesligist. Dass sich daran auf Dauer etwas ändert, ist nicht zu erwarten. Dabei taugen eigentlich weder die 41 Millionen für Firmino noch der FC Liverpool als Belege für den grassierenden Größenwahn im englischen Fußball. Seit dem Transfer von Andy Carroll hat sich bei dem Klub einiges geändert. Der aktuelle Besitzer, die Fenway Sports Group, hat Stabilität und eine vernünftigere Transferpolitik gefordert. Gerade das aber sagt alles: 41 Millionen Euro für einen talentierten, aber auch keineswegs einzigartigen Fußballspieler gilt in England als Ausweis einer vernünftigen Transferpolitik.

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