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Sport: Mir san mir

Warum die Bayern lautstark das Angebot für Ballack zurückgenommen haben

Berlin - Das Gespräch fand in der Früh statt – in aller Nüchternheit, schließlich wussten die Herren, dass Nüchternheit am Abend nicht mehr zu haben ist. Die Herren, das waren Michael Ballack, der begehrteste Fußballspieler seit Beginn deutschen Fußballschaffens, sein Berater Michael Becker, Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß, die Chefs des FC Bayern München. Und was sie zu besprechen hatten, sollte am Abend im Paulaner auf dem Nockherberg die Gemeinde besänftigen. Auch beim edlen FC Bayern verlaufen Jahreshauptversammlungen nach dem Motto, dass nirgends so viel gesoffen wird wie überall, und da ist es hilfreich, gegen die Rauschhaftigkeit mit positiven Meldungen gewappnet zu sein. Die Meldung, die Vorstandsvorsitzender Rummenigge vor 1349 anwesenden Mitgliedern in den Saal rief, klang zunächst negativ: „Wir haben das Angebot“ – an Michael Ballack, die nächsten vier Jahre gegen etwa 35 Millionen Euro für die Münchner zu kicken, – „zurückgezogen.“ Übersetzt wird der scheinbare Verzicht auf Deutschlands besten Fußballer rasch positiv: Mir san mir, wir sind der FC Bayern, wir bestimmen den Gang der Handlung. Der Saal verstand, Jubel.

In der Tat, es ist nicht passiert, was irgendeinen Beteiligten an der offensichtlich wichtigsten Personalie nach der Vizekanzlerschaft in Gram verfallen lassen müsste. Ob Ballack künftig bei Bayern spielt oder doch für Realmanubarcajuve Europa, ist so ungewiss wie zuvor. „Wir haben kein Angebot abgelehnt und keinem zugestimmt“, so Berater Becker am Morgen danach, „wir haben uns lediglich noch nicht entschieden.“ Es existiert auch kein Groll, alle Tischtücher sind heil. „Es ist nicht gesagt, dass es zu einer Trennung kommt“, sagt Bayerns Trainer Felix Magath. „Es ist jederzeit so, dass die Parteien wieder zusammenkommen und neue Gespräche führen können.“ Der Verein hat lediglich signalisiert, dass er sich nun nach einer Alternative umschauen wird. Das hätte er natürlich ohnehin schon tun können und hat es wahrscheinlich schon getan, aber so sieht es nach Stärke aus und nicht nach Handlungsunfähigkeit. Ob der Klub die etwaige Alternative auch wahrnimmt, das wird sich frühestens Anfang Januar zeigen. Ab dann nämlich dürfen laut Statuten des Weltverbandes Fifa interessierte Klubs an Spieler herantreten, die noch einen laufenden Vertrag haben. Die Entscheidung Ballacks und die der Bayern ist vertagt worden. Ab Januar treffen bei Ballack die schriftlichen Angebote ein – und liegen dann neben dem alten oder neuen der Bayern.

Bis dahin finden auch noch zwei Spiele der Champions League statt, zwei Spiele, die richtungsweisend sein können für Ballack. Denn der ist Weltstar ohne bisherigen Welterfolg, der will, daraus hat er nie ein Hehl gemacht, wenn es schon mit dem Weltmeistertitel heikel wird, zumindest die Champions League gewinnen. Der Klub, der ihm dabei die größten Erfolgsaussichten suggerieren kann, dürfte den Zuschlag bekommen. Also alles auf Anfang, abwarten, wie gehabt, Lärm um nichts? Um etwas mehr als Nichts: Es ging ums Mentale. Das Bier auf dem Nockherberg floss, die Gemeinde war selig: Mir san mir.

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