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Hilfloser Retter. In Hamburg fand Mirko Slomka eine nicht austrainierte Mannschaft vor.

© Reuters

Mirko Slomka und der Hamburger SV: Handauflegen reicht beim HSV nicht

Der HSV trifft am Nachmittag auf den FC Bayern München. Und HSV-Trainer Mirko Slomka verspielt gerade seinen Retternimbus – dabei kann er im Grunde wenig dafür. Im Spiel der Hamburger wird deutlich, was Slomkas Vorgänger versäumt haben.

Es gibt in diesen bitteren Hamburger Tagen eine klare Meinung zu Trainer Mirko Slomka. Jeder, mit dem man sich beim Hamburger SV über den 46-Jährigen unterhält, äußert sie irgendwann: „Hätte er hier zehn Spiele früher angefangen, stünden wir im Mittelfeld der Tabelle.“

Diese Einschätzung zeugt zunächst einmal von Respekt vor der Arbeit Slomkas. Anhand der nackten Zahlen lässt sich so viel Wertschätzung nicht ableiten – in den elf Spielen mit Slomka als Chef auf der Bank hat der HSV elf Punkte geholt; drei Siege, zwei Unentschieden, sechs Niederlagen. Für den als Feuerwehrmann verpflichteten Mann aus Niedersachsen ist das eine mäßige Bilanz, und weil der Trend der letzten Spiele verheerend ist, hat Slomka seinen Nimbus als Retter schon vor den letzten beiden Saisonspielen gegen den FC Bayern an diesem Samstag und beim FSV Mainz 05 die Woche darauf verloren.

Slomkas Credo: Arbeit, Arbeit, Arbeit

Dass sich die Kritik an ihm trotzdem in Grenzen hält, liegt zum einen daran, dass Slomka ein Medienprofi und glänzender Verkäufer seiner selbst ist – er kann Züge eines Schauspielers annehmen. Darüber hinaus geben viele Hamburger Verantwortliche seinem Vorgänger Bert van Marwijk die Hauptschuld am Niedergang in dieser Saison. Der Niederländer schien den HSV im vergangenen Herbst zunächst stabilisiert zu haben, doch mit der Zeit ließ er die Zügel schleifen und erkannte den Ernst der Lage nicht. Die Mannschaft trainierte ab Januar schlecht oder gar nicht, Verletzungen kamen hinzu, der freie Fall begann. Als Slomka ihn ab dem 22. Spieltag mit sieben Punkten aus vier Spielen stoppte, wirkte die Mannschaft wie in den Kessel mit dem Zaubertrank gefallen – selbstbewusst und stabil. Arbeit, Arbeit, Arbeit war Slomkas Credo.

Durch seine verbindliche Art, die Nähe zum Team und sein durchdachtes Training wirkte er wie der richtige Mann am richtigen Ort. Doch aus dem Klassenerhalt durch Handauflegen wurde nichts. Slomka wird nicht müde, die Qualitäten einzelner Profis wie Rafael van der Vaart, Heiko Westermann oder Tolgay Arslan hervorzuheben. Doch man hört inzwischen weg, weil die Leistungen der Gepriesenen so dürftig sind. Slomka neigte schon in den Hannoveraner Jahren zum Schönreden. Darunter litt seine Glaubwürdigkeit. In seiner Spielerkritik ist er zupackender geworden; gerade die drei Niederlagen in Hannover, gegen Wolfsburg und in Augsburg haben ihm die Zunge gelöst. So viel Passivität und so wenig Mut hätte er seiner Mannschaft nicht zugetraut.

Viele Fehler im Spiel des HSV resultieren aus mangelnder Fitness, die in der schlechten Arbeit der Vorgänger Fink und Marwijk wurzelt. Wie einst in Hannover in der Wintervorbereitung 2010 straffte Slomka das Programm, verlängerte die Einheiten und setzte Übungen am Nachmittag an. Vor vier Jahren wurde Hannover 96 dadurch die fitteste Mannschaft der letzten Spieltage und man rettete sich durch zwei Siege in den letzten beiden Spielen. Die müden Muskeln seiner HSV-Profis reagieren aber anders auf die höhere Belastung – der Reihe nach fielen Lasogga, Badelj, van der Vaart und nun Zoua aus. Doch Slomka selbst sagt, er habe das Gefühl, die Mannschaft könne eher noch mehr trainieren. Vielleicht sei es „der Schmerz der ewigen Niederlagen“, der sich den Weg in den Körper gebahnt habe.

"Platz 16 verteidigen"

Das, was ihm an Spielern bleibt, wirkt wie der Kader eines mittelmäßigen Zweitligisten. Und selbst dem netten Herrn Slomka ist es misslungen, Profis wie Ilicevic, Tesche, Mancienne, Arslan oder Zoua mehr als Dienst nach Vorschrift zu entlocken. Man muss die leidige Typen-Debatte gar nicht beginnen; Fakt ist, dass diesem Team die Kerle fehlen, die sich wehren. All das und noch viel mehr badet Mirko Slomka gerade aus. Mitleid muss allerdings niemand haben, denn er wusste, was er sich mit dem HSV antat.

Wie auch immer, längst sind es nur noch die Ausscheidungsspiele gegen den Dritten der Zweiten Liga, die der desolate Bundesliga-Dino anstrebt. „Unser Auftrag ist es, Platz 16 zu verteidigen“, sagte Slomka am Donnerstag bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen die Bayern. Er wirkt nicht beleidigt, verletzt oder verstimmt – er macht seinen Job. Auch im Niedergang hat Mirko Slomka Stil.

„Wir haben die Chance, in zwei Zusatzspielen die Bundesliga zu erhalten“, sagt er. Sollte auch das misslingen, will Slomka an Bord bleiben – wenn man ihn lässt: „Wenn ich als erster HSV-Trainer in die Geschichtsbücher eingehe, der absteigt, bin ich vielleicht auch der erste, der aufsteigt“, hat Slomka gesagt. Er will zumindest Verantwortung übernehmen.

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