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Die Tore Roms. Miroslav Klose traf schon fünfmal in sieben Spielen.

© dpa

Miroslav Klose: Ein Zimmermann bekehrt Rom

Bei Lazio erwarteten sie einen satten Star, nun schwärmen alle von Miroslav Klose – und der AS Rom fürchtet ihn vor dem Derby am Sonntag. Der Deutsche hat innerhalb von nur wenigen Monaten Rom erobert.

Vor einem Jahr gab es nur den Adler, der bei Lazio Rom für Sensationen sorgte. Vor jedem Heimspiel dreht ein von den Fans auf den Namen „Olimpia“ getaufter Raubvogel eine Runde durchs Stadion. Jetzt lösen die Tore eines Mannes mit dem Adler auf der Brust schönste Schauergefühle aus. Miroslav Klose hat innerhalb von nur wenigen Monaten Rom erobert. Die eine, die himmelblaue Hälfte der Metropole, liegt ihm wegen seiner fünf Tore in sieben Saisonspielen zu Füßen. Wenn im heutigen Derby weitere hinzukommen, wird ihn auch das konkurrierende Fanlager zur Kenntnis nehmen müssen. Für Francesco Totti, Kapitän des AS Rom, ist Klose, der trotz Knieproblemen spielen will, der entscheidende Besorgnisfaktor. „Es wäre besser für uns, wenn er nicht spielen könnte“, sagte Totti.

Bei Lazio ist Klose unumstrittener Anführer. „Es motiviert, neben einem solchen Könner zu spielen“, schwärmt Lazios Kapitän Tommaso Rocchi. Zwar blieb bei Rocchi die Freude des Zusammenspiels vornehmlich auf Trainingseinheiten beschränkt: Nach den Ankünften des früheren Bayern-Stürmers und dessen neuen Angriffspartners Cissé blieb dem technisch limitierten Stürmer nur die Bank. Aber dass Rocchi nicht mosert und sich professionell in die neuen Hierarchie einfügt, spricht für das Standing des Neuen.

Dass der stets leise und zurückhaltend auftretende Klose so schnell eine führende Rolle in dem einstigen Chaosklub – man denke nur an die Mobbingvorwürfe einiger Spieler und die latent gewalttätige Fanszene – spielen würde, war vor Beginn der Saison nicht ausgemacht. Die italienischen Medien rechneten mit einem weiteren alternden Star, der in einem Team ohne große Konkurrenz seine Karriere finanziell gut gepolstert ausklingen lässt. Sie erwarteten einen Stürmer, der immobil im Strafraum verharrt und nur bei solchen Flanken agiert, die ihm leicht zu einem Ausbau der imponierenden Torbilanz verhelfen. Nach sieben Saisonspielen staunen sie jedoch über einen Spieler, der auf die Flügel ausweicht, sich zurückfallen lässt und als Anspielstation zur Verfügung stellt. „Natürlich ist er im Strafraum am wichtigsten für uns. Aber Miroslav ist ein Spieler, der schnell erfasst, was nötig ist und dann der Mannschaft hilft“, lobt ihn sein Trainer Edy Reja. Der knorrige Kerl aus dem Grenzgebiet zu Slowenien wollte Klose unbedingt. Der 66-Jährige setzt auf ältere Spieler, die wissen, was zu tun ist, bei seinen beliebten taktischen Wechseln nicht die Orientierung verlieren und trotz eines Aufstiegs in die Millionärsklasse ihre Wurzeln nicht vergessen haben. Der gelernte Zimmermann Klose, der zuweilen mit Unverständnis auf seine luxuswagenaffinen Kollegen blickt und der sein neues Umfeld damit verblüffte, nach einem Training eigenhändig die Bälle im Tragenetz zu verstauen, ist ganz nach dem Geschmack des Bauernsohns Reja.

Vom führenden Personal aus betrachtet ist Lazio ein Provinzverein mitten in der Hauptstadt. Dies erklärt, warum der in der Pfalz aufgewachsene Klose sich dort so wohl fühlt. „Ich habe mich prima eingelebt und könnte mir vorstellen, sehr lange hier zu bleiben“, verkündete er. Er lernt fleißig Italienisch, ebenso seine schon zweisprachig – Deutsch und Polnisch - aufwachsenden Kinder. Und er selbst hat eine ruhige Basis für den Kampf um seinen Platz bei der EM in seinem Geburtsland Polen gefunden.

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