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Sport: Mit 29 nicht am Ende des Lateins

BERLIN .Monique Garbrecht war gelegentlich in einer Situation, die man mit Erklärungsnotstand umschreiben könnte.

BERLIN .Monique Garbrecht war gelegentlich in einer Situation, die man mit Erklärungsnotstand umschreiben könnte."Was ist passiert? Ich denke, du wolltest aufhören", wurde die Eisschnelläuferin vom Berliner Schlittschuh Club gefragt.Und der Unterton war nach Mentalität des Fragestellers mitfühlend, zweifelnd oder neugierig.

Neugierig, warum eine junge Frau, die Deutsche Meister-Titel erlief, in Inzell Sprint-Weltmeisterin 1991 werden konnte, sich dreimal den Traum vom Start bei Olympischen Winterspielen (Bronze über 1000 m 1992) erfüllte und nun mit 29 Jahren einen Lebensabschnitt ohne Leistungssport vor Augen hat, sich nochmals einem Winter voller Hektik und Streß stellen will."Es waren zwei Dinge, die mich bewogen haben: Das Entgegenkommen meines Arbeitgebers, der sagte, mach weiter.Und der vierte WM-Rang über 1000 m zum Ende der vorjährigen Saison in Calgary.Der zeigte mir, daß ich nun endlich mit dem Klappschlittschuh Fuß gefaßt hatte", so die Angestellte eines Telefon-Marketing-Unternehmens.

Wenn es jenes Aha-Erlebnis Calgary im März nicht gegeben hätte, wären wohl ihre Schlittschuhe am berühmten Schlußnagel von sportlichen Karrieren gelandet.Achte über 500 m und Zehnte über 1000 m war der Schützling von Erfolgsschmied Joachim Franke wenige Tage zuvor bei den olympischen Rennen in Nagano geworden.Zu wenig, um frohgemut ein weiteres knüppelhartes Sommertraining in Angriff zu nehmen.Zumal die gebürtige Potsdamerin, viele Jahre für den Berliner TSC auf dem Eis, nach ihren sportlichen Highlights 1991/92 das Erfurter Weltklasseduo Franziska Schenk und Sabine Völker fast immer eine Nasenspitze vor sich sah."Also schau mal, was sich für das Leben nach dem Sport anbietet", waren damals ihre Überlegungen.

Also nahm sich Monique Garbrecht 1996 eine Auszeit, verzichtete auf Wettkämpfe und Trainingslager und schloß erfolgreich ihre Ausbildung zur Werbekauffrau ab.Im Juli fand sie einen Job, und zu ihrer Überraschung erklärte ihr Chef: "Du kannst bei uns arbeiten und deinen Sport dennoch weitermachen." Finanziell hatten weder ihr Arbeitgeber noch sie selbst einen Nachteil, denn die Lohnausfälle bei Abwesenheiten glich die Sporthilfe aus."Warum sollte ich diesen Glücksumstand nicht nutzen? Für mich gab es ja nichts zu verlieren." Allerdings war eine unerwartete Hürde zu nehmen - die Gewöhnung an den Klappschlittschuh, der bedeutsamsten Neuerung mit einem umfassenden Leistungsschub im mehr als 100 Jahre alten Eisschnellaufsport.

"Noch im letzten Winter hatte ich das Gefühl, meine physischen Möglichkeiten mit diesem neuen Gerät auf dem Eis nicht hundertprozentig umsetzen zu können." Nun aber scheint auch diese Anpassung gelungen: Monique Garbrecht erreichte bei Testrennen mit 39,48 Sekunden über 500 m im Sportforum eine persönliche Bahnbestzeit und mit drei weiteren Zeiten unter der 40-s-Schallmauer einen Leistungsstand wie nie in ihrer langen Eis-Laufbahn.Und ist damit, auch von der jüngeren Erfurter Konkurrenz akzeptiert, aussichtsreichste Titelanwärterin bei den Deutschen Sprint-Einzelmeisterschaften (Freitag ab 17 Uhr zweimal 500 m/Sonnabend ab 13 Uhr einmal 1000 m) in Hohenschönhausen.Ähnlich übrigens wie bei den Männern ihr Klubkollege Michael Künzel, der gleichfalls mit hervorragenden Zeiten seine Fortschritte untermauern konnte.

Während die WM-Zweite im Mehrkampf vom Februar an gleicher Stelle, Sabine Völker, wegen eines grippalen Infekts vermutlich nicht antreten wird, beschränkt sich die Weltmeisterin von 1997, Franziska Schenk, nach überstandener Bronchitis voraussichtlich auf die Freitagauftritte über 500 m."Die Show hat keinen Vorrang.Ich will versuchen, beides möglichst gut unter einen Hut zu bringen", erklärte Franziska Schenk gestern.Am Freitag (20.15 Uhr) strahlt die ARD die neue Guinness-Show aus, die von der 23jährigen mit TV-Profi Reinhold Beckmann moderiert wird.Glattes Gelände ist ihr ja vom sportlichen Alltag bestens vertraut.

ERNST PDESWA

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