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Die Tribünen waren endlich mal wieder voller als leer – wie in Stuttgart beim Spiel gegen den SC Freiburg.

© dpa

Mit Abstand und Anstand: Die Fans sind zurück in der Fußball-Bundesliga

Erstmals seit Beginn der Krise waren wieder Fans in den Stadien der Bundesliga. Es lief gut, auch wenn der Heimvorteil noch kein richtiger war.

Die unsicheren Zeiten machen vorsichtig. Auch bei den Anhängern des 1. FC Union. Der Berliner Klub durfte am Sonnabend 5000 Personen, darunter 4600 Fans mit Ticket, zum Spiel gegen Augsburg in das Stadion an der Alten Försterei lassen. Die 19 Jahre alte Bianca und Mark (50 Jahre) waren unter den wenigen Glücklichen, die ein Ticket hatten ergattern können.

Bis Corona kam, waren sie sie Teil einer Gruppe von 20 Dauerkarteninhabern, die zusammen im Stadion standen. Doch die meisten von ihnen hatten im Losverfahren kein Glück gehabt. „Es ist herrlich, beim Auftaktspiel dabei zu sein,“ sagte Bianca trotzdem. Mark sagte: „Ich rechne mit einer zweiten Welle. Von daher kann man auch froh sein, dass wir mindestens ein Spiel mitbekommen. Man weiß ja nicht, was morgen ist.“

Das weiß keiner in Zeiten, in denen das Virus Regie führt: Seit März waren in Deutschland keine Zuschauer mehr in der Fußball-Bundesliga zugelassen, am Sonnabend gab es zum Saisonauftakt erstmals wieder Fans in den Stadien – allerdings nur wenige. Denn mehr als 20 Prozent der Stadionkapazität durften die Klubs nach dem Beschluss der Bundesländer nicht hergeben.

Trotzdem waren die Spiele mit wenigen Zuschauern auch ein Testlauf für die Zukunft, natürlich wollen und brauchen die Klubs künftig mehr Anhänger in den Arenen. Der Anfang mit Zuschauern machte Mut auf mehr in der Bundesliga – allerdings nicht allerorten.

Die Union-Fans Bianca und Mark (unten) dagegen denken vorsichtig an die Zukunft. Mark rechnet mit einer zweiten Welle: „Von daher kann man froh sein, dass wir mindestens ein Spiel mitbekommen. Man weiß nicht, was morgen ist.“
Die Union-Fans Bianca und Mark (unten) dagegen denken vorsichtig an die Zukunft. Mark rechnet mit einer zweiten Welle: „Von daher kann man froh sein, dass wir mindestens ein Spiel mitbekommen. Man weiß nicht, was morgen ist.“

© Kit Holden

Es wurde noch kein Spieltag der überall offenen Stadiontore. Nachdem Meister Bayern München am Freitag schon Schalke 04 vor leeren Rängen 8:0 abgefiedelt hatte, durfte der 1. FC Köln sein Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim nicht wie geplant vor 9200 Zuschauern austragen. Die Stadt Köln hatte ein Geisterspiel verfügt, wegen steigender Corona-Inzidenzzahl am Rhein.

Somit war nur in fünf Stadien am Sonnabend etwas zu hören von den Rängen – es freute die Beteiligten natürlich. In Frankfurt sagte der Stadionsprecher vor dem Spiel gegen Bielefeld: „Endlich ist wieder Leben in der Bude“. In Bremen meinte Werder-Trainer Florian Kohfeldt vor dem Spiel: „Es ist wunderschön, es fühlt sich wieder nach richtigem Fußball an.“ Nach dem Spiel und der 1:4-Niederlage gegen Hertha war Kohfeldt weniger gut gelaunt.

Die Ultras, die Anhänger aus der aktiven Fanszene verzichteten weitenteils auf einen Besuch im Stadion. „Against Corona Football“ stand geschrieben auf einem großen Plakat vor der Ostkurve im Bremer Weserstadion, dass im übrigen von Fans aus dem nahe gelegenen Kreis Cloppenburg nicht besucht werden durfte – Corona-Inzidenzzahl zu hoch. Insgesamt waren in den sechs Stadien bei den Spielen am Sonnabend 30 000 Zuschauer, darunter 10 000 am Abend beim Spiel in Dortmund.

Es dauert bis in die zweite Halbzeit hinein, bis es endlich richtig gejubelt wurde in einem Stadion

Das erste Tor des Tages fiel ausgerechnet im einzigen Geisterspiel des Tages, Andrej Kramaric brachte Hoffenheim in Köln in Führung nach drei Minuten: Es blieb still im Stadion. Erst Tor Nummer zehn des Spieltages, die Treffer der Bayern vom Freitag eingerechnet, war kein Geisterspieltor.

Doch auch der erste Treffer mit Zuschauern verführte die Fans nicht zum Feiern, denn auswärtige Fans waren ja noch nicht erlaubt: Nils Petersen brachte Freiburg in Stuttgart in Führung. Erst in der zweiten Halbzeit traf die erste Heimmannschaft: Nach 62 Spielminuten gelang Frankfurt das 1:1 gegen Bielefeld.

Die Fans johlten gegen den lauten Tormusik-Einspieler der Stadionregie an. Andernorts wurde das eigene Team durchweg gefeiert. „Unsere Mannschaft, unser Stolz“, sangen die Fans des 1. FC Union trotz 0:1-Rückstand in der Pause.

In Frankfurt gab es vor dem Spiel gegen Bielefeld ausreichend Desinfektionsmittel.
In Frankfurt gab es vor dem Spiel gegen Bielefeld ausreichend Desinfektionsmittel.

© Reuters

Gefeiert hatten sie am Freitag auf der Ehrentribüne in München übrigens auch ohne Fans: Bei den Bayern saßen beim 8:0 gegen Schalke fünf Funktionäre nebeneinander, zwei Reihen davor weitere fünf. Die Schalker, inklusive dem früheren Aufsichtsratschef Clemens Tönnies, hatten nicht mal eine Reihe frei gelassen. Einen Mund-Nasen-Schutz trug niemand. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) fand das Gehabe ohne Abstand nicht anständig. „Die DFL ist hierzu im direkten Gespräch mit dem FC Bayern“, teilte ein Sprecher mit.

[Eine Stadt, zwei Bundesligisten: Alle Entwicklungen rund um den 1. FC Union und Hertha BSC finden Sie bei uns in jeweils eigenen Blogs]

Sicher war das absurd in München, aber momentan ist ja wenig im Gleichgewicht. Der Kabarettist Gerhard Polt hat die wegen der Corona-Pandemie verhängten Zuschauer-Beschränkungen im gesamten Kulturbetrieb kritisiert. Polt sagte der „Augsburger Allgemeinen“: „In München treffen sich regelmäßig 2000 junge Leute ohne Mundschutz am Gärtnerplatz, um bis morgens um drei Bier zu trinken“.

Bier war am Sonnabend in den Stadien nicht erlaubt und bis 3 Uhr morgens ging es auch nicht. Die Bundesliga mit Zuschauern erlebte insgesamt eine ansprechende Rückkehr.

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